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Laut Telefonbuch wusste ich, wo sie ihre Physiotherapie-Praxis hatte. Eines Tages wartete ich fast eine Stunde, bis sie gegen sechs Uhr aus dem Gebäude trat. Ich wollte sie nur sehen, sonst nichts. Sie kam eine Steintreppe herunter, überquerte die verkehrsreiche Strasse, fast ohne sich umzublicken. Auf dem Parkplatz gegenüber blieb sie stehen, suchte etwas in ihrer Handtasche, ihre Silhouette im Gegenlicht, das bewegte Haar. Endlich hatte sie es gefunden, stieg in ein dort geparktes Auto und fuhr davon.

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Du sollst nicht schwören, ich weiss. Und doch hatte ich, nach zwei unglücklichen Liebschaften, hoch und heilig geschworen: Nie wieder Frauen!

Bei Jovita H., die mich vielleicht geliebt hätte, war es nur eine Blick-Bekanntschaft gewesen, ein Lied ohne Worte, weil ich, damals noch Gymnasiast, nicht den Mut hatte, sie einmal anzureden, ganz schlicht und einfach, von Schüler zu Schülerin. Sie war von mittlerer Grösse und anmutiger Schlankheit. Ich sehe noch ihre Gestalt, sehe den Schulplatz, wo wir in den Pausen unter Kastanienbäumen auf und ab spazierten, scharenweise, sodass man immer wieder ein bisschen ausweichen musste. Ich suchte sie mit den Augen, entdeckte irgendwo ihren braunen Mantel. Ich erinnere mich, wie sie im Vorbeigehen einmal den Kopf wandte und mir ins Gesicht schaute. Oder wie sie, mit Freundinnen die Treppen hinaufsteigend, nahe an mir vorbeikam und mich flüchtig grüsste. Oder eines Abends im Theaterfoyer, wie sie am Saaleingang im Programmheft blätterte, einmal flüchtig her­überschaute, als warte sie, dass ich sie anrede. Doch da erschien eine Frau, vielleicht ihre Mutter, mit der sie, kurz zurückblickend, in den Saal ging. Ich war immer zu langsam, zu scheu, zu zaghaft. Ich hätte nicht Angst gehabt, in den Krieg zu gehen, doch hier war der Feind in mir selbst.

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