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Ich erreiche die Mündung des Val Tantermozza, steige über den Bach, beziehungsweise über eine Wüste von Steinen und Ge­röll. Ein Pfad führt den Wald hinauf; irgendwo der schwarze Teich, der zerfallene Kalkofen, Föhrenstämme, Erikablumen, Ge­ruch von Harz und Moos. Oben das Pfeifen eines nahenden Zu­ges, man sieht ihn über den Viadukt kommen und wieder verschwinden. Dabei ein Gefühl des Déjà-vu, wie eine exakte Wie­derholung aus der Kindheit, jedoch ohne Emotion. Empfindungen sind nicht abrufbar; das Ma­gische, das erlebte man damals.

Hier endlich die Lichtung, eine planierte Terrasse am Fuss der Bahnböschung. Unser Haus und das der Nachbarn (reichere Leu­te, die hier ihre Sommerferien verbrachten), beide verlassen, Tü­ren und Fensterläden geschlossen, weit und breit kein Mensch, keine Stimme, nichts als Vogelgezwitscher.

Ich setze mich auf die kleine Bank unter dem Vordach. Es herrscht schönes Wetter, ein Vormittag Mitte August. Der von einer Mauer eingefasste Vorplatz scheint kleiner geworden, in meiner Kind­heit war er riesengross. Jetzt, da niemand hier wohnt, wächst überall Gras, kein getretener Platz mehr, kein Holz, kein Scheitstock, keine Axt. Jemand hat neulich gemäht, am Rande mo­dert ein brauner Grashaufen. Vom unteren Boden, wo Mutter ihren Garten hatte, führen ein paar Steinstufen hier herauf. Ich stelle mir vor, wie ich da als Knirps nach oben kletterte – die Haustüre offen, man sieht in den Flur hinein, zuhinterst die Küche, Mamas Silhouette. Hie und da kam sie heraus, um zu schauen, ob ich noch da sei. Manchmal rief sie nach mir, und zwar nicht mit meinem Taufnamen, sondern mit einem spontan von ihr erfundenen «Kini», was der Kopfstimme besser entgegenkam – «Kii­nii!», das hörte man auch von weitem und wurde daher zu meinem eigentlichen Ruf-Namen. Auch die andern nannten mich öfters so, bis ich annahm, dass ich tatsächlich so heisse.

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