Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Frisch konnte sarkastisch sein, doch er war nie ein ›Extremist‹. Sein ganzes Denken, auch da, wo es der Sozialdemokratie nahestand, wurzelte tief in der europäischen Aufklärung, in den Wertvorstellungen eines liberalen, kulturverständigen Bürgertums. »Als es in die Geschichte eingetreten war, unser Bürgertum, und das war ja keine Geldwäscher-Connection, das weißt du hoffentlich, das waren Männer freien Sinns, Jonas, und die meinten ja tatsächlich Demokratie«, räsonniert der Großvater in Jonas und sein Veteran. Frischs Zorn, sein Fast-Haß, seine Bitterkeit, das waren nicht Folgen des Alters, der Krankheit und der Enttäuschung, sie waren Folgen zunehmender Einsicht in die Tatsache, daß die heutigen Nachfahren jenes gelobten Bürgertums ihre eigenen moralischen, politischen und kulturellen Werte verlassen, ja verraten und die Schweiz zu einem »internationalen Finanzplatz, der langsam zum Himmel stinkt« verödet hatten. Frischs Zorn und Bitterkeit waren die Kehrseite seiner politischen und künstlerischen Integrität.

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