Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Viele Schweizer Familien waren damals arm. Das war nichts Besonderes. Daß Armut als »Schande« empfunden wurde, verweist auf das geistige Klima in der Familie. Politisch dachte man konservativ. Der Vater hatte im Ersten Weltkrieg sein Auskommen als Architekt verloren und sah sich vom sozialen Abstieg bedroht. Im Generalstreik 1918 wetterte er »gegen den roten Mob, der damals auf die Straße ging, ja, sogar auf den Paradeplatz in Zürich: unbewaffnet«.12 Je drohender der eigene Abstieg, desto rigider die Abgrenzung nach unten. In Kreisen der Schweizer Baumeister galten Streiks als Aktionen von »ein paar brutalen, gewissenlosen, allen Verantwortlichkeitsgefühls barer Individuen«. Zum Generalstreik 1918 schrieb zum Beispiel die Schweizerische Arbeitgeber Zeitung, »daß wir in Zürich einen ausgewachsenen Großstadtpöbel besitzen, der nur durch Maschinengewehre und Handgranaten im Zaume zu halten ist«13 . Die Mutter, aus besserem Haus, vermittelte dem Sohn ein idealisiertes Bild des vorrevolutionären Rußland. »Rußland war für mich immer das Märchenland. Wie sie von den Wölfen erzählt hat! Wenn man krank war, durfte man das russische Album anschauen. So war Rußland: Mütterchen Rußland!«14

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