Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Vordergründig literarisierte Frisch in Was bin ich? seine aktuelle Lebenssituation: Ein Student, dessen Vater gestorben ist, bricht sein Studium ab und sucht einen Broterwerb als Journalist. Der Tod hat sein soziales Sicherungsnetz zerrissen und ihn vor die Existenzfrage gestellt. Doch es geht nicht bloß um die materielle Existenz. »Geld ist zwar notwendig zum Leben, aber noch viel notwendiger ist es, zu wissen, was man denn ist und wozu man eigentlich taugt.«54 Zwischen »lächerlicher Überheblichkeit« und »lächerlichen Minderwertigkeiten« hin und her gerissen, sucht der junge Mann nach Orientierung und Selbstbestimmung. »Zum Ersäufen bin ich innerlich zu schön«, zum bescheidenen Mittelmaß jedoch zu schade. »Größenwahn und Minderwertigkeitsängste sind immer noch interessanter als die Erkenntnis: ich bin einer vom Millionendurchschnitt.« Der Exstudent möchte Dichter werden, Romane schreiben, Novellen, Komödien – ein selbstbestimmtes, schöpferisches Leben führen. Das ist die eine Seite. Doch wovon leben? »Ich muß Brot verdienen; aber ich will mich nicht lebendig begraben lassen. Da kenne ich Leute, die leben nur, um Geld zu verdienen; und das Geld verdienen sie, um leben zu können; und leben tun sie wiederum, um Geld zu verdienen. Ein Witz. Ich will aus meinem Dasein nicht einen Witz machen. Beruf soll nicht Zwangsjacke sein, scheint mir, sondern Lebensinhalt.«55 Ein sicheres Gespür sagt dem jungen Mann, daß entfremdete Lohnarbeit und ein kleinbürgerliches Angestelltendasein kein gangbarer Weg für ihn sind. Ein Künstlerleben macht Sinn, doch es stellt ihn an den Rand der Gesellschaft und macht brotlos.56 Eine Familie wäre da nicht zu gründen, denn »eine Frau … kostet Geld … eine Wohnung kostet Geld … Kinderchen kosten Geld«.57 Und wer weiß, ob das Talent für ein Künstlerleben ausreicht.58

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