Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Man könnte seitenweise weiter zitieren, die kleine Auswahl mag genügen. Sie zeigt hinlänglich, wie erd- und heimatverbunden, konservativ und antiintellektuell der junge Dichter und Journalist in seinen Anfängen war; ein Adept seiner nicht minder konservativen Lehrer und Förderer Faesi, Staiger, Korrodi. Die Nähe zur faschistischen Literatur drängt sich auf, doch es wäre falsch, von dieser auf Frisch zu schließen. Auch die faschistische Literatur wurzelte im breiten konservativen Literaturverständnis der Zeit; sie hat die Blut- und Bodendichtung nicht erfunden, jedoch für ihre politischen Zwecke radikalisiert und instrumentalisiert.
Identität
Der eigentliche Schlüsseltext der frühen Zeitungsbeiträge ist ein kurzer Essay mit dem Titel: Was bin ich?53 Hier entdeckt der junge Journalist sein Ich als literarisches Thema. Er stellt die Frage, an deren Beantwortung er sich die nächsten Jahrzehnte die Zähne ausbeißen wird – in der Literatur, wie im Leben –, die Frage nach der eigenen Identität und, was damit zusammenhängt, nach einem sinnvollen Leben in der bürgerlichen Gesellschaft: Was bin ich, und wie muß ich leben, um mich selbst zu gewinnen? Diese Frage drängte Frisch zum Schreiben, und schreibend versuchte er sie zu lösen. Er befand sich dabei in bester Gesellschaft: Die Identitätsfrage ist ein Zentralproblem der westlichen Literatur unseres Jahrhunderts.