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Das Architekturstudium

Die weiteren Veröffentlichungen Frischs aus jenen Jahren sind Fingerübungen ohne großen Belang. Frischs Hauptbeschäftigung galt dem Studium der Architektur. »Wieso grad Architektur? Der Vater ist Architekt gewesen (ohne Diplom); das durchsichtige Pauspapier, die Reißschiene, die wippen kann, das Meterband als verbotenes Spielzeug. Ich zeichne exakter, als ich vorher geschrieben habe. Als Zeichner von Werkplänen komme ich mir übrigens männlicher vor.«152 So Frisch im Alter. Auffällig ist, daß er nun den Einstieg in die bürgerliche Welt als Weg in den Fußstapfen des Vaters sah, der ihm sonst kaum Vorbild gewesen war. In der Psychologie signalisiert diese Vaternachfolge Übereinstimmung mit der herrschenden Ordnung. Wie dem auch sei, in der Tat machte sich Frisch nun mit Konsequenz daran, wenn schon kein bedeutender Dichter des Bürgertums, so doch ein angesehenes Mitglied der gutbürgerlichen Gesellschaft zu werden.

Seine wichtigsten Lehrer waren William Dunkel und Otto Rudolf Salvisberg, beide Architekturprofessoren an der eth seit 1929. Salvisberg (1882–1940), der Sohn wohlhabender Berner Bauern, kam nach Ausbildungs- und Gesellenjahren in der Schweiz und in Deutschland 1908 nach Berlin, dem Mekka der modernen Architektur. Gropius, Wright, Behrens, Mies van der Rohe, Le Corbusier, Taut u.a. wirkten dort. Er wurde nach dem Ersten Weltkrieg einer der meistbeschäftigten Architekten und baute allein zwischen 1918 und 1923 an die 2500 (!) Häuser. Er kannte die Moderne – er baute z.B. das erste Geschäftshaus aus Sichtbeton in Berlin –, war jedoch kein Theoretiker und Entdecker neuer Wege. In der Inflationszeit errichtete er zahlreiche Berliner Villen, u.a. das Haus Flechtheim, das sich Göring 1933 aneignete. In Bern realisierte Salvisberg das Lory-Spital. Ab 1935 wurde er gewissermaßen Hausarchitekt von Hoffmann-La Roche und schuf neben deren Hauptsitz in Basel auch zahlreiche Niederlassungen im Ausland. Vom Bauhaus und von Le Corbusier hielt er wenig. Gropius seinerseits schrieb über Salvisberg: »Ich halte ihn keineswegs für einen ersten Mann, der aus eigener schöpferischer Quelle schafft, aber er hat ein sehr gediegenes Können.«153 Frisch beschrieb ihn als Mann, der von den Berliner Erfolgen getragen gewesen sei und der im Bewußtsein lebte, daß er seine Sache anderswo schon gemacht habe.154 Salvisbergs Vorlesungen waren im Wortsinn: Gebäudelehre. Geistige Höhenflüge boten sie nicht.

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