Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Da ergriff der Buchhändler und Verleger Emil Oprecht zusammen mit dem Dramaturgen und Lektor Kurt Hirschfeld die Initiative. Nach einer längeren öffentlichen Debatte und mit aktiver Hilfe des sozialdemokratischen Stadtpräsidenten Ernst Klöti gründeten sie am 27. Juli 1938 die Neue Schauspiel ag. Diese leitet das Haus noch heute. Neuer Direktor des Theaters wurde der Basler Regisseur Oskar Wälterlin.
Frisch hat zwischen 1933 und 1938 das Schauspielhaus häufig besucht; Käte besorgte die Studenten-Karten. Nähere Beziehungen zu den Mitgliedern des Hauses pflegte er nicht.142 Die Emigrantenszene war ihm fremd. Die zahlreichen in Zürich weilenden Exilautoren rezensierte er, bis auf eine Ausnahme, nicht.143 Das Verlagsprogramm des Oprecht Verlags mit seinen prominenten Exilautoren entging seiner Beachtung. Zu Eduard Korrodis Angriff gegen die Exilautoren schwieg er ebenso wie zu Thomas Manns mutiger Erwiderung.144 Jetzt, wo die Existenz des Schauspielhauses und seines Emigrantenensembles auf dem Spiel stand, meldete er sich zu Wort. Er warnte zu Recht vor der Gefahr, das Schauspielhaus könnte in der Hand eines ausländischen Pächters zu einem Propagandaforum faschistischer Ideologie, zu einem »trojanischen Pferd in der Stadt« verkommen.145 Diese Gefahr lag auf der Hand. Daß Frisch ganz im Jargon der »Geistigen Landesverteidigung« argumentierte, war damals nicht außergewöhnlich: Im »zeitgenössischen Geisteskampf«, in dieser »offenen Schlacht« sei die »Bühne ernster und schweizerischer Gesinnung« ein »Frontstück erster Ordnung« für ein »gesundes Erwachen« vor allem der »geistigen Jugend«.146 Kein »Festspielhaus« sei erwünscht, kein »vaterländischer Weihrauch«, »aber ebensowenig wollen wir jenen unfruchtbaren Ungeist, der sich nur an den Mängeln weidet, jene Wollust eidgenössischer Selbstzerfleischung … Wir wollen eine männlichere und fruchtbarere Haltung … die an die gesunden Kräfte rührt … an die Kräfte des Glaubens, ohne die gerade unsere Demokratie, die durch das persönliche Bekenntnis freier Herzen zusammengehalten wird, am allerwenigsten bestehen könnte.«147 Nach diesem Introitus folgt das fragwürdige Credo: Niemand verlange zwar, daß eine »schweizerische Bühne … lauter einheimische Stücke« spiele, »bis jeder Schriftsteller seine Schublade wieder leer habe.« Aber wenn schon, was zur Aufgabe des Theaters gehöre, Neues gespielt werde, weshalb denn »vorwiegend Amerikaner, Tschechen oder Ungarn? … Oder stimmt es noch immer, daß wir auch im Geistesleben lieber Bananen kaufen, solange es noch Äpfel gibt?«148