Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Die wahre Geschichte der Gründung der Neuen Schauspiel ag nach Riesers Abgang und der Einsetzung des legendären künstlerischen Direktors Oskar Wälterlin ist noch nicht geschrieben. Das akribische Quellenstudium von Ute Kröger hat aber bereits einige erstaunliche Neuigkeiten ans Licht gebracht. Das neue Schauspielhaus sollte das politisch unbequeme, weil unabhängige und in breiten Kreisen unbeliebte Theater des »Juden Rieser« nicht einfach fortführen, sondern sich zu einer nationalschweizerischen Bühne im Sinne der Geistigen Landesverteidigung umwandeln. An diesbezüglichen Erklärungen gegenüber der Rechten wie den chauvinistisch aufbegehrenden Kulturverbänden fehlte es nicht. Der ausländische Jude Hirschfeld hatte im Hintergrund zu bleiben; er wurde wieder Dramaturg, doch nicht, wie erhofft, Mitglied des Verwaltungsrats. Den vom Verwaltungsrat gewünschten deutschen Theaterdirektor und sozialdemokratischen Immigranten Carl Ebert ließ man schnell wieder fallen, als der Chef der Fremdenpolizei, Heinrich Rothmund, mit Nachdruck einen schweizerischen Freund empfahl. Dieser Freund galt zwar der Bundesanwaltschaft politisch »als ein Kind«, er hatte jedoch im In- und Ausland künstlerisches Aufsehen erregt, Leitungserfahrung gesammelt und er bot Gewähr für eine loyale Haltung gegenüber dem Verwaltungsrat. Schon einige Jahre zuvor hatte nämlich in Basel ein Theaterverwaltungsrat den dortigen Direktor Oskar Wälterlin, so der Name des Freundes, ohne Probleme zum Teufel gejagt – wegen eingestandener Homosexualität. So kam, was in der späteren Legende als Heldentat erschien, in Wirklichkeit als Kompromiß nach vielen Seiten zustande.151