Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Ich würde Ihnen, sehr geehrter Herr Rabinowitch, nicht schreiben, wenn ich mich nicht von persönlichen Vorurteilen frei wüßte; es geht mir um die Sache, die wir geistige Landesverteidigung nennen und der Sie, auch wenn Sie mit gutem Grund sicherlich das Gegenteil wollen, einen schlechten Dienst erweisen. Auch einfachere Leser spüren sicher, daß es Ihnen ja nicht für das Schweizerische, sondern gegen das Deutsche geht, das heutige Deutschland, das auch unsere Gefahr ist, wenn wir nicht wirklich etwas Eigenes sind; das aber heißt: schweizerisch ist nicht das Anti-Deutsche, womit wir uns ausliefern, sondern das Außer-Deutsche. Ich kann es Ihnen kaum klarer sagen. Aber ich spüre, Sie ahnen noch nicht, wie sehr Sie gerade ihrem Feind in den Sattel helfen! Ich

möchte Sie bitten, daß Sie mir das glauben. Darum schreibe ich Ihnen, nur darum; Ihre satirischen Zeichnungen erreichen mehr als ein frontistischer Fackelzug …

Unser Volk hat zur Zeit wieder ein sehr waches Empfinden; man spürt sehr bald, ob ein Mann für uns kämpft oder uns nur benützt, um gegen andere zu kämpfen. Ob jemand in unserer geistigen Landesverteidigung mitzuwirken berufen ist oder nicht, würde nicht davon abhängen, wie lange er schon im Lande ist; ich glaube, Sie sind schon lange hier, trotzdem ist Ihnen das Schweizerische sekundär, was ich spürte, bevor ich wußte, daß Sie, als Künstler einer sozusagen offiziellen Zürcherbildermappe, und vor allem auch Ihre Frau unserer schweizerischen Landessprache nicht nur fremd, sondern vollkommen gleichgültig gegenüberstehen, – und dies nicht als ein gewöhnlicher Herr, sondern als ein durchaus nicht unauffälliger Streiter im schweizerischen Nebelspalter.

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