Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Dies alles auf die Gefahr hin, daß Sie mich völlig mißdeuten, aber jedenfalls mit den besten Grüßen:

Max Frisch [Unterschrift] Sempacherstraße 71«137

Zu mißdeuten gibt es hier nicht viel. Wiederum verfocht Frisch eine strikte Gesinnungsneutralität in einer Zeit, wo der verbrecherische Charakter des Nationalsozialismus bereits offenkundig war. Und man muß den Brief zweimal lesen, um auch die argumentatio ad personam nachzuvollziehen. Da streitet ein selbsternannter Sprecher des Mehrheitsschweizertums («wir«, »man«) einem engagierten und persönlich betroffenen antifaschistischen Künstler als erstes seine Künstlerschaft ab, weil ihm der »Humor« des unbeteiligten Darüberstehens fehlt. Als ob es den »echten« Künstler kennzeichne, angesichts der Greuel der Zeit humorvoll darüber zu stehen.138 Als nächstes setzt Frisch seinen Gegner moralisch auf dieselbe Stufe mit den karikierten Nazis und spricht ihm das echt »Schweizerische« ab. Und schließlich erklärt er ihn noch zu einer Landesgefahr, die schlimmer sei als ein frontistischer Fackelzug, zu einem Menschen, der die Schweiz nur mißbrauche, um seine Ressentiments auszuleben. Beweis: Der Herr, der doch dankbar sein müßte, eine offizielle Zürichmappe anfertigen gedurft zu haben, und vor allem seine Frau Gemahlin, sie sprechen nicht einmal Schweizerdeutsch!139

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