Читать книгу Haus der Nonna. Aus einer Kindheit im Tessin онлайн

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Im Hof gibt es einen Brunnen, dessen Wasserhahn in einem steinernen Löwenmaul steckt. Hier hol­te die Nonna wie die meisten Frauen des Hauses ihr Wasser. Sie hatte dafür einen emaillierten Blecheimer, den sie nur ein paar Schritte in die gegenüberliegende Küche zu tragen brauchte.

«Nun müsst ihr aber Hunger haben», sagte die Nonna, als wir eintraten. So oder ähnlich hat das Gespräch jedenfalls bei späteren Besuchen begonnen.­Papà erklärte dann, dass wir in der Bahn schon etwas gegessen hätten. Ohne auf ihn zu hören, schürte die Nonna die Glut im Kamin, legte frisches Holz dar­über, stellte einen Dreifuss hinein und schlug Eier in ein Pfännchen.

Mein Grossvater, Nonno Pepp, war nicht da. Zu dieser Zeit arbeitete er draussen im steilen Runchett oder in der flachen Vignascia. Das waren die Rebgärten, in denen auch das Gras für die Kaninchen und die Ziege wuchs.

Die Nonna holte Wein und Gläser aus der hin­teren Küche, die vor allem als Vorratsraum diente. Da sie selber nie über Lugano hinaus nordwärts gereist war, lag Zürich für sie schon ausserhalb der Welt. Sie sprach das Wort Zürich sehr misstrauisch aus. Es klang, als zweifelte sie daran, dass die Stadt überhaupt existierte. Im Hantieren erkundigte sie sich nach meiner Mutter. La Pina, wie sie sie nannte, war jemand, der Schonung brauchte. «Pina sollte uns einmal besuchen», sagte die Nonna manchmal, «am besten im Herbst, wenn es nicht mehr so heiss ist.» – «La pòra Pina – Die arme Josefine», hörte ich sie später auch ­sagen und: «L’è ròba da nerv – Es ist eine Sache der Nerven.» Die Nonna fragte nach meinen kleineren Schwestern und nach der Arbeit meines Vaters. Ich sass auf einem Schemel beim Feuer und ass biscott, die sie für mich besorgt hatte. Ich hörte die kurzen Antworten meines Vaters. «Es geht recht gut», und «ich verdiene etwas mehr als voriges Jahr», das war es wohl, was er ungefähr sagte. Seine Stimme klang so be­­schwichtigend, dass die Nonna immer neue Fragen stellte. Im Gespräch blickte sie hin und wieder zu mir. «Eh, la Jaale», sagte sie beinahe ungläubig. Sie freute sich, dass ich da war.

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