Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн
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Sie vertrieb sich die Zeit mit Hausarbeiten und Besuchen im Dorf, sie half der Mutter und den Schwestern Käti und Elsi bei der Buchi (Wäsche), und bei der Metzg257, sie knackte Nüsse für das geliebte Birnbrot258, strickte weisse Wollhöschen für das Kind und richtete ihm einen Korb259. Im Dorf sprach man sie nun mit Frau Pfarrer oder Frau Caprez an. Die verheirateten Frauen nahmen sie in ihren Kreis auf und erzählten ihr von den Problemen mit ihren Männern, von sexueller Frustration, von Schwangerschaften und Geburten. Zu Hause geriet sie immer wieder mit ihrem Vater aneinander, sie stritten über theologische Fragen und über die Erziehung des Bruders Christa, der zehn Jahre jünger war als Greti.260
Als Erstgeborene hatte Greti das Sagen unter den Geschwistern. Die dreieinhalb Jahre jüngere Käti besass zwar ebenfalls einen harten Schädel, doch der Älteren folgte sie ohne Murren.261 Elsi, fünf Jahre nach Greti geboren, war der Wildfang. Als die Mutter mit ihr schwanger war, wünschten sich alle in der Familie einen Jungen. Bei der Geburt schickte der Vater seinen Eltern eine Karte nach Furna: Unser Bub ist angelangt, und es heisst Elsi.262 Erst fünf Jahre später kam mit Christa der ersehnte Sohn zur Welt. Doch da hatten zwei der älteren Schwestern seinen Platz schon besetzt, jede auf ihre Art: Elsi, an der so gar nichts Mädchenhaftes war,263 und Greti, die durch ihre Intelligenz herausstach.264 Alle drei Mädchen hatten die Sekundarschule besucht, doch nur Greti auch das Gymnasium. Die musikalische Käti hatte ein Jahr am Konservatorium in Neuenburg Gesang studiert. Nun sass sie wieder zu Hause im Pfarrhaus und verbrachte die meiste Zeit mit Lesen. Tauchte ein Verehrer auf, verkündete sie, die Männer seien ihr so gleichgültig wie Telefonstangen.265 Elsi, gerade zurückgekehrt von einem Welschlandjahr an einem Töchterinstitut, wartete auf ihren zwanzigsten Geburtstag, das Mindesteintrittsalter für die soziale Frauenschule in Zürich.266 Elsi ist fortwährend unzufrieden, reizbar, ärgerte sich Greti in einem Brief an Gian. Dass es für sie (…) nicht leicht ist, Haustochter zu sein, begreife ich gut. Ich wollte und könnte es nicht sein, Du auch nicht. Hausfrau ist schon etwas Anderes, Selbständigeres, Berufhafteres.