Читать книгу All das hier. Roman онлайн
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Er lächelte mich an. Man sah diese feine Narbe auf seiner Unterlippe nur dann, wenn er lächelte. Sie war nur einige Millimeter lang, und meistens bemerkte man sie nicht. Sie hob sich leicht ab, ihre Farbe war heller als die Farbe seiner Lippen, ein blasses Rosa wie die Farbe der Haut. Und wenn man sie sah, wunderte man sich, woher sie kam. Ich hatte nie erlebt, dass ihn jemand danach gefragt hätte. Vielleicht strahlte er gerade deswegen diese Sicherheit aus, wegen diesem Makel, der unweigerlich jedes Mal sichtbar wurde, wenn er lächelte.
Ich versuchte mich abzulenken, aber meine Gedanken kreisten immer wieder um diese eine Nacht, als er in Hamburg war. Als wir allein waren, ohne Ben und Nessa. Ohne Anna. Als er verschwand, ohne etwas zu sagen. Die ganze Nacht zog an mir vorbei, und am Ende war Finn weg, er ging mit diesem Mädchen mit den orangen Fingernägeln, das sich in meiner Wohnung aufgewärmt hatte, weil es geschneit hatte draußen und sie Angst vor ihrem Zuhause gehabt hatte. Er sagte, er bringe sie nach Hause, aber er kam nicht wieder. Und ich wartete, sah die ganzen Flaschen vor mir. Sie waren leer, wir brauchten Nachschub, vielleicht war das ja der Grund, weshalb er solange wegblieb, aber das war es nicht. Die leeren Flaschen sahen aus wie bernsteinfarbene Kristalle, ich konnte nicht fassen, dass ich noch stehen konnte, und ich sah hinaus in die Nacht vor mir, ohne etwas zu sehen. Später erfuhr ich, dass er noch in derselben Nacht zurückgefahren war, nachdem er das Mädchen sicher nach Hause zu ihren Eltern gebracht hatte. Er nahm den nächsten Zug nach Zürich, den er erwischen konnte.