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Allmählich verstummten meine Eltern und der Onkel. Meine Mutter döste neben mir, ich hielt weiterhin ihre Hand, hörte ihr leises Schnarchen. Onkel Mamdohs Augen im Spiegel hatten sich verkleinert. Mein Vater war am Rechnen auf der Zigarettenschachtel, ich wusste nicht, was. Um mir die Zeit zu vertreiben, schrieb ich die ganze Zeit SMS an Ma­­­nuel, die ich nicht schicken konnte, weil ich keinen Empfang mehr hatte. Meine Bisswunde brannte, ich konnte sie aber nicht mit Salbe oder Spray behandeln. Es hätte einen Aufruhr geben können, wenn mein Onkel diese Wunde gesehen hätte. Ich biss auf die Zähne, schloss die Augen und ließ den Vorabend wie einen Film in meinem Kopf ablaufen. Es war ein schönes Gefühl, Manuel in mir zu fühlen auf dieser Reise, die unendlich sein konnte, wie ich von den früheren Reisen her wusste.

Onkel Mamdoh hielt abrupt bei einer Raststätte an. Auch meine Mutter erwachte durch sein starkes Bremsen. Bevor er das Auto verließ, sagte er, halb gähnend und sich streckend, dass es Zeit zum Gebet sei. Dass Mamdoh vom Gebet sprach, war für uns alle eine kleine Sensation, sogar ich wurde hellwach. Meine Eltern schauten ihn mit großen, fragenden Augen an, sie blieben so stumm, als hätten sie ihre Zunge verschluckt. Mamdoh sagte, wir könnten in dem Restaurant auch etwas essen, bis er sein Gebet verrichtet habe. Mein Vater gab sofort seiner Freude auf die Suppe mit weißen Bohnen, die er vermisst habe, Ausdruck. Wir blieben im Auto und schauten Mamdoh nach, bis er in den Hof der kleinen Moschee mit einem runden Dach wie ein Flaschenhals und einem großen Minarett verschwand. Die blaue Farbe der Moschee war so intensiv, als hätte man aus Eimern Farbe auf die Wändegegossen. Meine Mutter flüs­terte, während sie ihre Haare mit einer Spange festband, dass Mamdoh früher sogar bei Tauben nachgeschaut habe, ob diese nun weiblich oder männlich seien, er sei der Weiblichkeit so sehr erlegen gewesen, und heute würde er aus sich einen frommen Menschen machen. Offenbar hätten die Jahre ihn verändert. Mein Vater gähnte, lachte dann schallend, meine Mutter müsse ihren Schwager jetzt als reifen Schwiegervater, nicht mehr als den konfusen Frauenheld sehen. Er müsse sich aber für seine Sünde, für viele Frauen ein Ehrbeschmutzer gewesen zu sein, beim Allmächtigen eine Amnestie erbitten. Meine Mutter schüt­telte den Kopf, sie sagte, es fehle nur noch, dass er sich einen lan­gen Bart wachsen lasse, die Pilgerreise mache und sich in Mekka für seine Sünden entschuldige. Wir stiegen aus.

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