Читать книгу Das Gesetz des Wassers. Ein Tanner-Kriminalroman онлайн

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Attraktiv ist er immer noch, denkt Martha bei sich, vielleicht sogar noch mehr als damals. Und wie er da sitzt. Wie er das Auto lenkt, als wär’s ein Teil von ihm. Sie betrachtet seine glatte Stirn. Obwohl er immer noch diese dichten Strähnen besitzt, ist die Stirn deutlich höher geworden. Dadurch wirkt seine Nase energischer. Und der Mund noch weicher. Seine Haare hätte sie früher so gerne angefasst, mehr hatte sie ja gar nicht gewollt. Mehr konnte sie sich damals auch gar nicht vorstellen. Jetzt dürfte sie wahrscheinlich alles an ihm anfassen, wenn sie nur wollte. Aber das wird nie geschehen. Das hat sie sich geschworen. Leide nie zweimal wegen demselben Mann. Ein ehernes Gesetz. Und dass sie leiden würde, war sonnenklar. Früher oder später. Wenn hier also einer leidet, dann soll er es sein. Er hat sie lange genug behandelt, als sei sie Luft. Weniger als Luft, denn die braucht man zum Leben. Diesen Moment, damals in den Bergen, wo er ihre Hand halten musste, weil der Lehrer es befohlen hatte, den wird sie allerdings nie vergessen. Da war eine Hitze in ihr, die sie später nie mehr erlebt hat. Und diesen Augenblick wird sie ihm nie verzeihen. Nie wird sie ihm verzeihen, dass er in diesem Moment nicht auch diese Hitze spürte. Im Gegenteil: dass er bei der nächsten Gelegenheit ihre zitternde Hand gleich wieder losließ und schleunigst zu dieser Schlampe, dieser Schlagersängerin aus Prag, überlief. Die einzige Genugtuung bezog sie damals aus der Tatsache, dass die ihn nicht ranließ. Die spielte nur mit ihm. Und auch nur während der Schulstunden. Kaum war nämlich die Schule aus, wurde sie von ihrem viel älteren Freund in einem schnellen Sportwagen abgeholt. Und dann litt Tanner. Und wie er litt. Es war ihm genau anzusehen. Nach ein paar Augenblicken des Genusses hatte sie dann doch Mitleid mit ihm und hasste umso mehr die andere.

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