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Dann sassen wir im Gefängnis, eine Nacht in Locarno und eine Nacht in Bellinzona, und dann hat man uns freigelassen, und ich stand unter Polizeiaufsicht in Zürich. Und nur dadurch, dass Mühlestein und andere prominente Schweizer sich für uns eingesetzt haben, sind wir nicht sofort ausgewiesen worden, sonst hätte ich mein Diplom nicht machen können. Aber kaum war das Diplom da, haben sie uns beide ausgewiesen. Eigentlich dürften wir auch jetzt nicht in die Schweiz einreisen.

Ernst Bloch: Der Wortlaut der Ausweisung hiess so: «Weil die Voraussetzungen, die früher zur Erteilung einer Duldung innerhalb der schweizerischen Grenzen geführt haben, nicht mehr vorzuliegen scheinen.» «Scheinen» dazu noch. Die zur Erteilung einer Duldung! Eine Unverschämtheit ist schon das Wort Duldung.

Karola Bloch: Aber ich bin sehr froh, dass ich mal im Gefängnis war. Da waren Wanzen in dieser Zelle. Ich konnte gar nicht schlafen. Und das Essen war abscheulich. Ich habe natürlich diese Situation ausgenutzt als politisch aktiver Mensch, um zu schimpfen gegen die schweizerischen Gefängnisse. Dem Mann, der da jeweils zu mir kam und mir etwas zu trinken brachte, abscheuliche Brühe, Wasser, in dem so paar Nudeln schwammen, eine Schande!, habe ich dem gesagt, und die Wanzen! Schämen Sie sich, in der Schweiz, die so Anspruch hat, hygienisch zu sein, dass Sie Wanzen haben in der Zelle, das gibt's doch gar nicht mehr. Also ich schimpfte wie ein Rohrspatz. Und mein Mann war irgendwie viel klüger als ich, vielleicht dadurch auch, dass er mehr so Krimis gelesen hat und mehr wusste, wie man sich in einem Gefängnis benimmt – obwohl – ich hab' ja die politische Literatur gekannt –, und er hat gesagt: Ich bin ja nur ein Untersuchungshäftling, da kann ich ja noch etwas verlangen, und da hat er zu diesem Gefängniswärter gesagt: Nehmen Sie doch vom Geld, das ich hinterlegen musste, und bringen Sie mir Schinken und Weissbrot und Chianti und so weiter und dasselbe für die Dame. Wir waren damals noch nicht verheiratet, wir haben sogar gedacht, dass man uns wegen Zuwiderhandelns gegen den Konkubinatsparagraphen verhaftet hatte. Und der bringt mir tatsächlich alles und sagt: Der Herr da schickt es Ihnen.

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