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Als Breschnjew starb, wurde beim Dissidenten Sinjawski in Paris ein kurzer Nachruf bestellt (für 10'000 Francs), in dringender Nachtarbeit von einer Kollegin aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt: und anschliessend nicht gedruckt, weil man gleichzeitig bei Kopelew einen Nachruf bestellt hatte, der gedruckt wurde.
Zwei hatten nicht Platz … Einer netten Madame, die während der Dioxin-Geschichte im Pariser Büro des STERN erschien (zur Zeit der aufgeflogenen Hitler-Tagebuch-Geschichte), welche vorgab, den Standort der Giftfässer zu kennen (wie schön, wenn der STERN, nach den falschen Hitler-Tagebüchern, die echten Dioxin-Fässer gefunden hätte), wurden, auf Weisung eines unterdessen versunkenen Chefredakteurs, 90'000 Franc versprochen, worauf sie den STERN-Fotografen samt STERN-Redakteurin an einen Ort führte, wo sich keine Fässer, wohl aber ein bösartiger Hund befand, der den STERN gebissen hat. Endlich eine Reportage mit Biss.
Die Verfügbarkeit der Welt, die Beliebigkeit der Themen. Für Geld ist alles zu haben, nur manchmal ist nicht alles echt, auch wenn die Chefredaktion denkt: je teurer; desto echter. Aber immerhin schreibt auch Moravia für den STERN, Böll, Jens, Enzensberger – ein Supermarkt. Vor einiger Zeit hat Marlene Dietrich mit dem STERN-Büro Paris telefoniert – vielleicht wird sie nächstens ihre Tagebücher anbieten. Manchmal ist es auch billig und echt: Ein Artikel der Caroline von Monaco, kurzer dummer Schmus über einen italienischen Sänger, aus einer französischen Zeitung nachgedruckt, hat nur 15 000 Franc gekostet. Im STERN wurde er eingeleitet mit der Zeile «Von unserer Mitarbeiterin Caroline von Monaco». Wer gegen solchen Schabernack protestierte, stiess auf taube Ohren. «Bei einer Produktion, die gewöhnlich um das Doppelte grösser ist als das Aufnahmevolumen der einzelnen Ausgabe, haben die Redaktionskonferenzen eher den Charakter von Ausscheidungskämpfen, der einzelne Autor oder Fotograf und insbesondere die verschiedenen Ressortchefs kämpfen einer gegen den andern um den Platz im Heft, und das um so rabiater, als es keinerlei objektive Kriterien für die Auswahl dessen gibt, was schliesslich in Druck geht» (Kuby). Wenn Caroline von Monaco von einem besonders rabiaten oder schlauen Ressortchef gesponsert wird, geht sie in Druck. Es kann aber auch Böll sein, wenn der von einem noch rabiateren Ressortchef gepusht wird. Gedruckt wird, wer prominent ist, gleichgültig, in welchem Sektor er prominent ist.