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«Das formale Modell der BILD-Zeitung ist radikal modern. Dieses Modell ist das Kunstwerk der Avant-Garde. Nicht nur die emanzipatorischen Wissenschaften, von der Psychoanalyse bis zur Kritischen Theorie, hat BILD enteignet, sondern auch die Künste des zwanzigsten Jahrhunderts. BILD ist der alltäglich gewordene Bruch mit jeder tradierten Sprache und mit jeder tradierten Form, es ist Collage, Montage, Assemblage, es ist das objet trouvé und die écriture automatique, Bewusstseins- und Bewusstlosigkeitsstrom, Poesie ohne Poesie, es ist die ästhetische Zertrümmerung des Ästhetischen, die Aufhebung der Kunst, die ästhetische Summa unserer Zivilisation» (Hans Magnus Enzensberger).
BLICK ist Avantgarde; allerdings. Die seriösen Zeitungsmacher schnöden über ihn – um ihn dann verstohlen zu imitieren. Die «Zwölfte Seite» des «Tages-Anzeigers» ist ein blasses Plagiat des strotzenden BLICK, mit dümmlich-verschämten Prominentenstorys: «(j)et cetera», human touch und Klatsch. Nur ein bisschen braver. Die Freitags-Beilage namens ZÜRI-TIP ist auf dem besten Weg, ein Luxus-Blick zu werden. Sie kommt nur etwas gespreizter daher; und der Rest der Zeitung wird auch bald Farbe kriegen. Dank der wunderbaren neuen Druckerei. Keine Zeitung, vom «Walliser Boten» bis zum «ST. GALLER TAGBLATT», die nicht von der BLICK-Grafik beeinflusst wäre, kaum ein Redaktor, der nicht Elemente der BLICK-Sprache bewusst oder unbewusst in sein Vokabular aufnimmt (und manchmal verschreckt registriert, wie weit es mit ihm gekommen ist). Eine Ausnahme: die NZZ, welche vorläufig noch dem Mahlstrom widersteht. (Sie haben richtig gelesen, Bü., dieses ist ein Compliment, aber une fois n'est pas coutume.)