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Uebersax. Wie er leibt und lebt und Faxen macht. Der harte Knaller, der permanent «Miezen» sagt statt «Frauen» (jedenfalls wenn er mit Männern redet). Er macht eine Zeitung für das Volk, gehört aber zu den Reichen. Er zitiert die Volkstümlichkeit herbei – synthetisch. Er lebt gediegen, mit Porsche-Villa-Ferienhaus-in-Spanien, Jahresgehalt rund 240000, er vermittelt die Welt von oben nach unten; gibt aber auch nach oben die Volksstimmung weiter. Eigentlich wäre er ein Intellektueller, ein Akademiker ist er nicht, Studium abgebrochen. Er ist gescheit genug, um den BLICK nicht ernst zu nehmen. Zirkus Uebersax. Ein Schnelldenker, Sofortverwurster, Stachanow des Zynismus. Persönlich von kultivierter Wurstigkeit, Wendigkeit, er glitscht dem Interviewer leicht durch die Finger, der quicke Ringier-Aal. Der Mann lebt in Harmonie mit seinem Ideal: dem Zynismus. Er behauptet nicht, der blick habe einen «Informationsauftrag» oder die Presse müsse «die vierte Gewalt im Staat» sein, sondern nur: Der blick wolle gefallen und solle gekauft werden und müsse unterhalten. Er heuchelt ein bisschen weniger als andere. Ihm ist wohl in seiner Haut, ausser wenn man ihn etwas allzu stark drauf haut, dann sagt er: «Wollen Sie mir Lektionen in Boulevard-Journalismus geben?» (Nicht: in Journalismus»; – Journalismus schlechthin und B-Journalismus haben in seiner Optik soviel miteinander zu tun wie ein Trottinett mit einem Porsche). Damit schmettert er jede Kritik ab. Er liest andere Zeitungen oft lieber als den blick, könnte aber jetzt keine andere Zeitung mehr machen. Er zieht mir den Speck durch den Mund, indem er seine Begeisterung für die Papst-Reportage, die in der WOZ erschienen ist, Juni 1984 (vgl. Band 2), offenbart – «ein Meisterstück». Ich kann das Compliment aber wirklich nicht erwidern, die BLICK-Papst-Reportagen, bzw. der Hofklatsch, Polizeiklatsch, pseudoreligiöse Blähungen, war langweilig, nicht informativ, dümmer und päpstlicher als erlaubt, nicht mal nach BLICK-Kriterien akzeptabel, aber, «wir müssen auf die religiösen Gefühle der Leser Rücksicht nehmen», sagt der Atheist Uebersax, der gebenedeite Zyniker, «es gibt nie so viele Lämpen wie beim Verletzen der religiösen Gefühle», und Lämpen will er nicht, und meine Papst-Reportage hätte er nicht gedruckt. Er will majoritär schreiben und schreiben lassen, obwohl er zur Minorität der Aufgeklärten und Privilegierten gehört. Gleichwohl ist «Minorität» für ihn ein Schimpfwort …