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Das Kind

Manchmal rede ich mit dem Kind, es ist ein kleines Mädchen, doch ich kann nicht beurteilen, ob es mich ernst nimmt. Heute ist es als Clown bemalt; seine kleine Nase leuchtet rot, das Kinn ist weiß und der Mund mit roten Strichen verbrei­tert, so dass es zu lachen scheint. Es hat sein Haar unter einer Mütze versteckt und trippelt neben seiner Mutter um den runden Weiher im Garten. Ich höre, dass es fragt: «Mama, wo ist das Unglück?» Sieht es denn nicht, dass der Hagel die Bäume nicht verschont hat? Zweige und Blätter und verschie­dene bohnen- und raupenförmige Früchte, die man nicht es­sen kann, liegen am Boden. Die Mutter klettert über einen großen, abgebrochenen Ast, aber das Kind will nicht klettern; es bleibt stehen und streckt beide Arme in die Luft.

Ich sitze auf dem Sims am offenen Küchenfenster. Neben mir am schwarzen Brett hängen die Öffnungszeiten des Krämerladens und der Post, auch die Zeiten für den Gottesdienst sind angeschlagen, obwohl niemand unserer Wohngemeinschaft die Kirche besucht. Wir sind Randfiguren, Städter, die sich in diesem Dorf zusammengeschlossen haben. Durch die Anwesenheit des Kindes gibt es so etwas wie einen Alltag. Kürzlich hat das Kind einen Indianer gezeichnet und an die Wand in der Küche geheftet. Auch ein kleines, rotes Haus in einem großen, durchsichtigen Haus hat es gemalt, ein Motiv, das ich noch nie gesehen habe. Die Enten im Garten vermehren sich; das Kind zählt die Jungen. Ohne das Kind wären wir nur eine Siedlung von Enten, die von ein paar Menschen betreut werden. Wir schreiben phantasievolle Namen, die das Kind für die täglichen Speisen erfindet, auf einen Zettel, den wir am Schwarzen Brett befestigen. Das Kind enttäuscht uns nie, weil es sich keinen Augenblick lang vor uns verstecken will; es greift uns offen an.

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