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Adelheid Duvanel
Fern von hier
Sämtliche Erzählungen
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Elsbeth Dangel-Pelloquin
unter Mitwirkung und mit einem Essay von Friederike Kretzen
Limmat Verlag
Zürich
WindgeschichtenDer Dichter
Noch vor einigen Monaten bemühte ich mich, gesellig zu sein. Ich lockte fremde Menschen in mein Haus; wie blutige Blumen leuchtete der Wein aus den Gläsern, die ich ihnen reichte. Am frühen Morgen liefen die Augen der jungen Frauen und Männer aus, sickerten warm über ihre Hälse, hüpften über die Schlüsselbeine und rannen tiefer. Ich aber saß nüchtern wie Cellophan im zerschlissenen Sessel neben der Zentralheizung und beobachtete ihre Tänze; sie lösten sich von den Mauern, an denen sie sich festgekrallt hatten, und flatterten wie Efeu im Wind. Ich versuchte als Kind, mit Hilfe von kleinen Gesten, von andeutenden Worten mit Menschen in Kontakt zu treten, doch sie liebten das Laute, das Deutliche, das ich verabscheute. Sie konnten mich nicht verstehen. Meine ältere Schwester und ich wuchsen ohne Mutter auf. Ich erinnere mich, dass unser Vater die Worte «Enthaltsamkeit» und «Opfer» liebte; er gehörte einer abstrusen Sekte an, zu der auch wir gehören mussten, doch als ich sechzehn war, schwänzte ich die gottesfürchtigen Versammlungen, die mir Magenschmerzen verursachten. Litt ich während des Essens an Durst, sprach Vater: «Iss Salat»; das Trinken, selbst von Wasser, betrachtete er als Ausschweifung; unsere Gaumen und Herzen hatten trocken zu bleiben.