Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Ein behelmter Junge richtet sich kreischend in seinem Rollstuhl auf und klatscht lautstark in die Hände. Ein Ausdruck ungezähmter Freude? Gilt das wohl auch für den Mann, der fortwährend seinen Pullover hochzieht, seinen nackten Bauch zur Schau stellt und dazu grunzende Laute von sich gibt? Eine Gestalt mit einem riesigen Kropf, fast so gross wie ihr Kopf, hastet am Altar vorbei.

Diese hier versammelten Geschöpfe beelenden mich, schnüren mir das Herz zusammen. Ich bin als Angehörige eingeladen. Neben mir ist mein Bruder, auch er rastlos, im Sekundentakt wiederholt er die gleichen Fragen. Er ist neu und kennt dieses Fest noch nicht.

Tränen schiessen mir in die Augen. Doch die fröhliche Stimmung rundherum nimmt mich mit und lullt mich ein, ein calderonisches Welttheater, alle hier Versammelten spielen ihre Lebensrolle, und ich bin mittendrin in diesem grossen Spektakel. Dazu passt die barocke Kulisse der Klosterkirche vortrefflich. Wir sind alle in diesem Spiel gefangen, spielen die uns vom Schöpfer und Meister zugeteilten Rollen so, wie es unsere Lebensumstände bedingen.

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