Читать книгу Die Brille des Nissim Nachtgeist. Roman. Die Emigrantenpension Comi in Zürich 1921-1942 онлайн

3 страница из 32

Mit den Augen des Dienstmädchens sah ich, dass hier gepflegt wurde, was sich pflegen liess. Für die kommende Nacht musste ich ein billiges Hotel finden; woran sollte ich erkennen, dass es billig ist, wenn alle gleich sauber waren? Die Strasse verbreiterte sich gegen den See zu einem Park, in dem musiziert wurde. Ich war den freundlichen Tönen, die mir nun in den Melodien der Barcarole entgegen kamen, schon eine Weile gefolgt. Um einen erhöhten, überdachten Pavillon standen viele Leute, die den Musikern und ihrem wippenden Dirigenten Beifall klatschten. Das Klatschen glich dem knatternden Anflug von Tauben. Ich zögerte, mich unter die Leute zu mischen, und steuerte auf eine Bank zu, die etwas entfernt stand. Die Bank stand vor grossen, mit Buchsbaum bepflanzten Beeten, in die ein findiger Gärtner – in Buchsbaumbuchstaben – «Nationalbank» geschnitten hatte.

… Schöne Nacht, o Liebesnacht, o …, auf den Beifall hin wiederholten die Musiker die Melodien aus «Hoffmanns Erzählungen». Wie schwer mein Koffer war, merkte ich erst, als ich ihn abstellen konnte. Über die Leute hinweg, vorbei an dem kunstvoll geschwungenen Dach des Musikpavillons, sah ich eine blaue Hügelkette, die einem Tierrücken gleich ausgestreckt am Himmel lag. Das ist Berlin, dachte ich, mein Berlin – seit meiner Kindheit war Berlin ein ferner blauer und langgestreckter Dunstzug am Horizont –, ich hatte Berlin nie gesehen.

Правообладателям