Читать книгу Sittes Welt. Willi Sitte: Die Retrospektive онлайн
130 страница из 150
Die erste überlieferte verbürgte Selbstdarstellung ist das in Mailand geschaffene Ölgemälde aus dem Jahr 1946 ssss1. In einer traditionellen Malweise in erdigen Tönen stellt sich der junge Maler am Beginn seines bewussten Schaffens als Künstler in einer typischen Pose dar: Den Blick über die Schulter werfend schaut er frontal auf den Betrachter, in der rechten Hand hält er als Attribut seiner Tätigkeit einen Pinsel. Das Bild erinnert an Künstlerselbstbildnisse des 17./18. Jahrhunderts. Ein Jahr später hat sich die Lebenssituation Willi Sittes grundlegend verändert: Er ist aus Italien zurückgekehrt, wurde aus seiner Heimat ausgesiedelt und kam in eine ihm neue Region, nach Mitteldeutschland, wo er als politisch aktiver Künstler tätig zu werden begann. Aus dieser Zeit stammt die in das Jahr 1947 datierende Bleistiftzeichnung auf grundiertem Papier ssss1. Auch hier nimmt der Künstler direkt den Blick des Betrachters auf und fokussiert diesen nahezu beklemmend eindringlich. Kopf und die ihn stützende Hand scheinen gleichsam aus der indifferenten Tiefe des imaginären Bildraumes aufzutauchen. Künstlerisch fügt sie sich in Sittes symbolistischen Stil der Jahre 1947/48 ein. Aus demselben Jahr stammt eines der beiden bekannten druckgrafischen Selbstporträts ssss1. Die Kaltnadelradierung zeigt den Maler en face, wieder taucht das Porträt aus einer unklaren Tiefe auf, die diesmal ein dunkler Schatten ist, der die linke Gesichtshälfte vollkommen verunklart. Unsicherheit, etwas Fragendes vermittelt diese Darstellung.