Читать книгу Sittes Welt. Willi Sitte: Die Retrospektive онлайн

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Erst 1963 – nach Überwindung der massivsten Gefährdungen – fertigte er wieder eine erste zeichnerische Selbstdarstellung ssss1 – in einer Zeit, die für ihn privat einen glückvollen Neuanfang mit seiner zweiten Ehefrau Ingrid ssss1 bedeutete. Selbstbewusst schaut er auf den Betrachter herab, die Zigarre im Mund. Die beiden Katzenköpfe vor und hinter seiner Rechten vermitteln etwas Humorvolles, Behagliches. Fünf Jahre später malt er sein zweites Selbstbildnis in Öl ssss1, allerdings nicht aus eigenem Antrieb heraus, sondern im Auftrag. Der Kardiologe Rudolf Zuckermann (1910–1995) war nicht nur eine Koryphäe seines Fachgebiets, sondern zudem ein hochgebildeter Intellektueller, der über eine umfangreiche Sammlung außereuropäischer Kunst verfügte, die er während seines Exils in Mexiko zusammengestellt hatte.6 Diese erweiterte er in seiner Zeit in Halle (Saale) gezielt u. a. durch bei lokalen Künstlern in Auftrag gegebene Selbstporträts.7 Sitte schuf für ihn ein sehr eindrucksvolles Bildnis seiner selbst, in dessen Gestaltung er in moderner Manier auch den Zierrahmen einbezog. Das Gemälde ist ein Beispiel für seine Rezeption der zeitgenössischen Malerei in Westeuropa und den USA.8 Wieder stellt sich der Künstler en face dar, allerdings verwehrt er dem Betrachter den Blickkontakt, da die Gläser seiner Brille aufgrund starker Reflexion einer gleißenden Lichtquelle weißlich blind sind,9 was jedoch die besondere Wirkung des Bildes eher steigert als beeinträchtigt. Das gesamte Gemälde ist ganz aus der Farbe heraus entwickelt und weist einen sehr freien Malstil auf, der Spontanes, Unmittelbares zulässt und integriert. Es ist alles andere als ein dem Sozialistischen Realismus verbundenes Werk. Vielmehr zeigt sich hier die fruchtbare Beschäftigung Sittes mit malerischen Entwicklungen der Pop-Art oder der expressiven, figurativen westdeutschen Kunst.

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