Читать книгу Sittes Welt. Willi Sitte: Die Retrospektive онлайн

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Zur 2. Deutschen Kunstausstellung in Dresden im Herbst 1949 reichte Sitte zwei heute als verschollen geltende Gemälde ein.8 Im selben Jahr wurde das großformatige Gemälde der Häuslerin ssss1 in das hallesche Kunstmuseum übernommen, nachdem dieses im Frühjahr 1949 im Auftrag der Landesregierung Sachsen-Anhalt entstandene Werk binnen kurzer Zeit das Missfallen der Funktionäre hervorgerufen hatte.9 1952 erlebte man Sitte in der ersten Bezirkskunstausstellung in Halle (Saale) erneut „nur“ als Zeichner mit zwei Porträts seines Sohnes Volkmar aus erster Ehe mit Irmgard Kindler.10

Als Maler trat Sitte in der Saalestadt erstmals 1953/54 öffentlich in Erscheinung und sorgte sofort für Furore. In beiden Jahren präsentierte er sein großformatiges Gemälde Marx liest vor ssss1, für das er 1953 den ersten Preis des in jenem Jahr etablierten Kunstpreises der Stadt Halle (Saale) verliehen bekam.11 Im Ergebnis einer Aussprache im Oktober 1953 vor dem Gemälde in der Moritzburg soll der Künstler einige Veränderungen vorgenommen haben und präsentierte es 1954 auf der Bezirkskunstausstellung ebenda.12 Heute gilt das Werk als übermalt und damit verloren. Stilistisch zeigt es Sittes Vermögen, zeitgleich auf verschiedenen Klaviaturen zu spielen und damit die unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Partei wie auch seiner Künstlerkollegen zu erfüllen. Während das große Marx-Bild eine trockene realistische Darstellung im Sinne eines fiktiven Historienbildes in der Tradition des Akademismus des 19. Jahrhunderts darstellte, schuf er parallel dazu seit 1950 seine Malereien auf sogenannten Henning-Kartons13 ssss1 ff in einem der Moderne verpflichteten Stil. Diese waren bis 1963 öffentlich nicht ausgestellt, weil nicht ausstellbar, da sie konträr zum von der Partei eingeforderten Sozialistischen Realismus standen. Für diese und ähnliche moderne Arbeiten, die nur dem Kreis seiner Freunde und Parteigenossen bekannt waren, musste sich Sitte bis in die 1960er Jahre hinein von den Funktionären der SED den Vorwurf des „Formalismus“ und „Modernismus“ gefallen lassen.

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