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Die Ausstellung wurde Anfang 1964 von den Staatlichen Museen Meiningen übernommen.35 Die vom 29. Februar bis 22. März 1964 im Kulturhaus der Mansfelder Bergarbeiter in Eisleben realisierte Einzelausstellung basierte offenbar auf einer leicht veränderten Auswahl aus dem Erfurter Konvolut. Gezeigt wurden 61 Gemälde und Zeichnungen seit 1950, darunter anders als in Erfurt Zeichnungen zum aktuell entstehenden Triptychon der Brigade Heinicke ssss1 und das Blatt zum 65. Geburtstag von Louis Aragon ssss1.36 Die Werke wurden vom Publikum offenbar sehr kontrovers wahrgenommen,37 sodass ein Gesprächsabend mit dem Künstler gemeinsam mit seinen Kollegen Hannes H. Wagner (1922–2010), Rolf Kiy (1916–1996), Eberhard Frey (1916–1993) und Erich Enge (* 1932) stattfand. Wolfgang Schrader (* 1933) resümierte: „Diese Bemühungen auf dem Bitterfelder Weg werden der bildenden Kunst ständig mehr verständnisvolle Freunde gewinnen, die wiederum an die Künstler höhere Ansprüche stellen.“38

Die Ausstellung in Eisleben fand sozusagen am Vorabend zweier entscheidender Ereignisse des Jahres 1964 statt – sowohl für die Kunst- und Kulturpolitik der DDR als auch für Willi Sitte persönlich. Vom 24. bis 26. März 1964 tagte der V. Kongress des VBK im Kulturhaus des Werks für Fernsehelektronik, Berlin-Oberschöneweide. Hier vollzog Sitte den Beginn seiner Abkehr von der Gruppe der radikalen Kritiker der staatlichen Kulturpolitik um Herbert Sandberg (1908–1991) und Fritz Cremer (1906–1993) und seiner allmählichen Übereinstimmung mit den Dogmen der Partei.39 Auf einer Auswertung der Ereignisse auf dem Kongress in der Abteilung Kultur des ZK der SED in Berlin wurde kritisiert, dass der Kongress parteipolitisch schlecht vorbereitet war, und propagiert, dass sich dies einen Monat später bei der 2. Bitterfelder Konferenz nicht wiederholen dürfe. Diese fand am 24./25. April 1964, veranstaltet von der Ideologischen Kommission beim Politbüro des ZK der SED und vom Ministerium für Kultur, statt. Der künstlerische (und ideologische) Wandlungsprozess Willi Sittes wurde auf dieser Konferenz vom Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht (1893–1973) durch namentliche Erwähnung goutiert: „Ich möchte solche Künstler und Schriftsteller wie Lea Grundig, Walter Womacka und Rudolf Bergander, Willi Neubert und Willi Sitte […] sowie all die anderen Schriftsteller, bildenden Künstler, Komponisten, Musiker, Regisseure und Darsteller, die in den letzten Jahren interessante Werke schufen und echte Probleme zur Diskussion stellten, aufrufen, den Bitterfelder Weg zu einer großen parteilichen und volksverbundenen Kunst weiterzugehen!“40 Dieser Anerkennung vom höchsten Funktionsträger der DDR war bereits im Februar deren formale Manifestation vorausgegangen: Am 1. Februar 1964 bekam Willi Sitte für „seine[] künstlerische[] Gestaltung großer nationaler Themen, besonders seines Werkes Die Überlebenden41 gemeinsam mit 14 weiteren Kulturschaffenden, darunter die Schauspielerin Helga Göring (1922–2010) und aus dem Bezirk Halle (Saale) der Komponist Gerhard Wohlgemuth (1920–2001), von Kulturminister Hans Bentzien (1927–2015) im Apollo-Saal der Deutschen Staatsoper in Berlin den Kunstpreis der DDR verliehen.42

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