Читать книгу Sittes Welt. Willi Sitte: Die Retrospektive онлайн

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Die Sitte-Ausstellung war eine Initiative Römplers, der sein Amt am 1. Juni 1963 antrat und diese in kürzester Zeit mit dem strittigen Künstler zusammengestellt haben muss.29 Gezeigt wurden 33 Zeichnungen und 32 Ölbilder aus den Jahren 1950 bis 1963, von denen acht Zeichnungen und 16 Gemälde vor 1960 entstanden waren, mithin ein Drittel aller ausgestellten Werke bzw. sogar die Hälfte aller Gemälde. Das erstaunt insofern, als eben diese der Moderne verbundenen Werke von der SED-Kulturpolitik unentwegt als „modernistisch“ kritisiert und abgelehnt wurden. Acht Gemälde stammten aus der ersten Jahreshälfte 1963, darunter neben Aktdarstellungen Meine Eltern II S. 115, Vater mit Weihnachtsgans30 und als Hauptwerk der Schau das gerade vollendete Großformat Die Überlebenden ssss1. In einer Rezension hieß es: „Willy Sitte ist ein recht problematischer Maler, der sich gleichermaßen wach mit den modernen künstlerischen Erscheinungsformen und den gesellschaftlich-politischen Äußerungen unserer Zeit auseinandersetzt und so zu einer Gestaltungsweise gelangt, die voller Spannung ist.“31 Eine weitere Besprechung resümierte seinen Malstil wie folgt: „Sittes Kunst fußt mehr auf dem Zeichnerischen als auf dem Malerischen. Seine Oelbilder wirken wie kolorierte Zeichnungen. Bei der Farbgebung selbst neigt der Künstler zur lauten Palette. Scharfe Linien und gestraffte Konturen geben seinen Grafiken und Porträts eine herbe, fast spröde Note, woraus sich auch sein ureigener, persönlicher Stil widerspiegelt, dem eine intime, fein empfundene Stimmung weniger liegt.“32 Rainer Behrends (* 1937), Mitarbeiter des Museums, verfasste eine umfassende Rezension für die Zeitung Das Volk, in der er Die Überlebenden als „eine neue Stufe seines Weges zum sozialistischen Realismus“ kategorisiert.33 Unmissverständlich wog Behrends den „weniger […] koloristische Reize auskostende[n] Maler“ zugunsten des „ausdrucksstärksten Zeichners unserer Kunst“ auf. Folgerichtig kaufte das Angermuseum aus der Ausstellung drei Zeichnungen an, womit es das zweite Museum war, das Werke des Künstlers erwarb. Man hatte auch Interesse an dem Gemälde Meine Eltern II. Dieses hatte der Künstler jedoch bereits dem halleschen Kunstmuseum zugesagt.34 Behrends legte in seiner Rezension zudem deutlich den Finger in die Wunde des Künstlers, wenn er einerseits „die Notwendigkeit des künstlerischen Experimentes zur Klärung von Problemen des sozialistischen Realismus“ konstatiert, andererseits jedoch bezüglich der erstmals öffentlich ausgestellten Werke der ersten Hälfte der 1950er Jahre formuliert, dass diese „zwar farblich schön und genußreich zu betrachten sind, […] aber eindeutig die Unmöglichkeit beweisen, durch Nachahmen von Elementen der spätbürgerlichen Kunst unseres Jahrhunderts zur Form und zum Inhalt unserer Kunst zu gelangen.“ Damit resümierte er treffend die Problemlage in der Diskussion der Kunst Willi Sittes zwischen 1951 und 1963.

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