Читать книгу Die neue Welt онлайн

158 страница из 232

Rodrigo geriet unschuldig in den Teufelskreis der Männerfreundschaften und Eifersüchteleien. Er ließ sich darauf ein, nicht aus Neigung, sondern um zu überleben.

VII. Mord in der „Schildkröte“

Maestre Bezal stand wie immer hinter seiner selbst gezimmerten Brettertheke in der Spelunke „La Tortuga“ und panschte im Schutz des Bretterverschlages heimlich den Wein. Er streckte das Gesöff, das ohne diese „Veredelung“ mit Wein wenig zu tun hatte, mit ausgepresstem, mit Wasser vermischtem Saft von Roter Beete, Johannisbeeren, Zuckerrüben und Fallobst. Manchmal gab er noch etwas Bitterwasser hinein, zusammengerührt aus gestampften Walnussschalen. Schon sah die Brühe, die nach brackigem Hafenwasser schmeckte, im Schummerlicht der Kneipe wie roter Wein aus. Die armseligen Fischer, Handwerker, Seeleute und Tagediebe, die sich hier nach Einbruch der Dunkelheit versammelten, spülten das saure Gebräu hinunter, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Die Tatsache, dass sie trotz gewaltiger Mengen, die sie in sich hineinschütteten, kaum Ausfallserscheinungen hatten, dafür aber am Folgetag einen Schädel wie nach der Attacke durch einen Wespenschwarm, schrieben sie meistens ihrem Stehvermögen zu. Maestre Bezal kam jedenfalls seit Jahren ungeschoren davon. Als Kneipenwirt der „Schildkröte“ verdiente er nur ein karges Zubrot, denn die armseligen Hungerleider, die bei ihm einkehrten, hatten meistens selbst keinen Maravedi in der Tasche. Sie ließen anschreiben und vergaßen dann ihre Zeche für Monate und Jahre oder sie bezahlten in fragwürdigen Naturalien, brachten zwei Tage alte Fische, die auf dem Markt niemand mehr kaufen wollte, faulen Salat, ranzige Butter oder versteinerte Hühnereier. Maestre Bezal war das egal. Aus diesen Rohstoffen brühte er seine Suppe. Palos besaß mit der „Schildkröte“ die übelste Absteige Andalusiens. Ein einziger winziger und niedriger Raum mit steinernen Platten auf dem Lehmboden bildete die Wirtsstube. Zwei windschiefe Tische standen auf der Wandseite, links von der niedrigen Eingangstür. Gegenüber dieser hölzernen und fragwürdig in den Angeln hängenden Pforte befand sich Bezals Theke. Rechts der Tür stand eine grob gezimmerte lange Bank. Auf ihr behandelte Bezal tagsüber seine Patienten, denn er schimpfte sich auch Arzt und konnte über mangelnde Kundschaft nicht klagen. Er verabreichte mit beachtlichem Erfolg Klistiere, zog Zähne, vernähte Wunden, öffnete Furunkel, renkte ausgekugelte Gelenke ein und salbte mit selbst zusammengerührten Pasten die Skrofulösen, Gichtigen und Epileptischen ein, wobei die ranzige Pampe mehr juckte als jeder Aussatz, den einer nur haben konnte.

Правообладателям