Читать книгу Sechs Geschichten. Was uns Menschen umtreibt онлайн

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Saß man nun am Freitag- oder Samstagabend an dem langen Tisch gegenüber der Theke, der auch als Stammtisch fungierte, konnte man beobachten, wie sich das Lokal langsam füllte. Kein ehrbarer Bürger der Stadt war unter den Eintretenden. Selbst Hilfsarbeiter, Kohlenträger, Straßenfeger oder Marktverkäufer kehrten nach Feierabend in der gegenüberliegenden Schankwirtschaft „Zur Stadt Paris“ mit seinen einfachen Holztischen zum Fassbier und einem Vesper, bestehend aus Presssack oder Stadtwurst ein. In den „Schwarzen Ritter“ sah man dagegen allerhand kuriose Gestalten hereingehen: Bunte Vögel, Nachtschwärmer, Renommisten, Alkoholiker, zwielichtige Halbweltgestalten, später auch ein paar Damen, eine Handvoll Studenten (darunter auch einige, die sich nur als solche bezeichneten) und als Wichtigstes natürlich vor allem Soldaten, Amerikaner. Auf deren Dollars ruhte das wirtschaftliche Fundament des ganzen Betriebes, denn für einen Dollar erhielt man damals vier Deutsche Mark.

Mit dem Fortschreiten der Stunden gestaltete sich der spätere Abend zunehmend abwechslungsreicher, wurde immer interessanter, konnte zu einem tollen Spektakel auflaufen, wenn es dafür auch kein Drehbuch gab, wenngleich sich die Szenen – ähnlich dem Spielplan einer Komödienbühne – in unregelmäßigen Abständen wiederholten. Natürlich nicht zu verschweigen, der ausgiebige Alkoholkonsum war Ursache und Motor für so manche außergewöhnliche Szene. Aber gerade deswegen gingen wir ja so gerne dahin.

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