Читать книгу Sechs Geschichten. Was uns Menschen umtreibt онлайн

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Nicht so aber dann, wenn das Wort „Baumholder“ von einem stark erregten oder massiv erzürnten Gast in das Wortgefecht oder allgemein in den Raum geworfen wurde. Solches zog die höchste erreichbare Steigerung des Streites unmittelbar nach sich. Dazu muss kurz erklärt werden, dass sich an jenem kleinen Ort der Pfalz ein großer Truppenübungsplatz der Amerikaner befand und das umliegende Städtchen eine mit solchen Institutionen üblicherweise einhergehende Infrastruktur beherbergte, insbesondere natürlich auch in Form von zweifelhaft beleumundeten Etablissements, in denen gewisse Damen zu verkehren pflegten, darunter auch unsere Protagonistin. Darüber hinaus diente ihr Ehemann daselbst als Polizist solange, bis das Pärchen aus nicht genauer bekannten Gründen den Ort verließ, weiß man’s, vielleicht auch verlassen musste, um sich weitab dieses verrufenen Fleckens eben hier in Franken eine neue Existenz aufzubauen. Also wieder zur Sache: Unsere liebe Hedi rastete allein bei der Erwähnung dieses Ortsnamens sofort total aus. Unter dem Abspulen aller ihr zur Verfügung stehenden Schimpftiraden rannte sie – wie von der Tarantel gestochen – durch das Lokal auf den Ärmsten zu, hätte ihm wohl gerne die Augen ausgekratzt, scheute sich auch nicht vor Handgreiflichkeiten. Ja, „da werden Weiber zu Hyänen“ (Schiller). Sie fluchte, tobte, fauchte gleich einer Otter: „Das hat Dir der Teufel gesagt“ (Rumpelstilz), riss sich allerdings dann doch kein Bein aus. Das Publikum hielt erst mal die Luft an… Irgendwann war’s aber dann vorbei wie der Sturm im Wasserglas. Der Zorn verrauchte so langsam. Gelegentlich gab es noch kleinere Nachbeben, auch das Publikum einschließend: „Schau nicht so blöd“, „Warte nur, bald bist du daran“, „Blödmann“, „Pass auf, dass du keine Watschn erwischst“ und der interessierte Zuschauer konnte beobachten, wie sich auf dem Gesicht ein triumphierendes Lächeln breit machte. Auch kam es dazu, dass der Gegner dann doch noch die aus dem Ruder gelaufene Situation mit einem Cognac-Cola beendete, somit die Hedi doch noch einen späten Sieg davontrug. Die andere Variante war die, dass durch die Schwingtüre – wie durch ein Wunder – ein neuer Gast eintrat, die Hedi schüttelte sich, setzte ihr verschmitztes Lächeln auf und das schöne Spielchen konnte von Neuem beginnen: „He du, gibst mir einen aus?“

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