Читать книгу Sechs Geschichten. Was uns Menschen umtreibt онлайн

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Ehe wir uns an die typischen Abläufe oder auch an so manchen ungewöhnlichen Vorfall in diesem an Ereignissen so reichen Lokals erinnern, wollen wir uns der Haupt-Akteurin zuwenden. Die Hedi S. hatte ihren Platz hinter dem Tresen, wovon sie das Geschehen in großen Teilen des Lokals mehr oder weniger frei nach ihrem Gusto und darüber hinaus gemäß den dringendsten Notwendigkeiten reglementierte. Unter diesen war die wichtigste – wollen wir es nicht unter den Tisch kehren – Geld einzunehmen, und davon möglichst viel. Ihr Alter konnte keiner exakt benennen, mögen es gut 40 Jahre gewesen sein. Die mittlere Statur umhüllte ein hochgeschlossenes Kleid, meist in helleren Farben gehalten, das Gesicht war immer dick weiß geschminkt, ähnlich dem eines Clowns. Ihre schmalen Lippen bemalte sie in schrillen, kräftigen roten Farbtönen, manchmal auch etwas über die Ränder hinaus. Die roten Haare waren über der Stirn, wie es damals an sich schon nicht mehr der neuesten Mode entsprach, zu einer hohen Tolle aufgetürmt. Ihre ganze Erscheinung ergab zusammen mit ihrem leicht verschmitzten, aber auch frechen, zuweilen etwas ordinär wirkendem Lächeln eine Verbindung von wohlsituierter Bürgerlichkeit und einem Touch Verruchtheit, wobei letztere, sobald sie den Mund aufmachte, eindeutig überwog. Sie orientierte sich in ihrem Aussehen an den großen Film-Diven der 40-er und 50-er Jahre, zum Beispiel Kathrin Hepburn, ja, wenn man auch einige kleine Abstriche machen musste – vor allem am späten Abend – eine gewisse Ähnlichkeit konnte man ihr nicht absprechen.

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