Читать книгу Das Echo des Adlerschreis. Erinnerungen an ein früheres Leben онлайн

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Überhaupt, das Sehen. Du siehst und erlebst alles anders als Adler, als Tier. Ich habe nicht die Landschaft so gesehen wie heute, als Mensch. Die grandiose Weite Nordamerikas war für mich als Adler ohnehin eine völlig normale Dimension. Ich sagte mir auch nicht, schau, dort hinten ist eine Bergkette und, oh, wie schön grün die Tannen sind. Sondern alles, was zählte, war die Bewegung. Der See, wellenüberlaufen, bewegte sich – also war er interessant. Bäume und Sträucher, Wiesen und Felsen – alles war nur Kulisse für das, was sich darauf bewegte. Dafür entdeckte ich mit scharfem Auge Dinge, die dem Menschen für immer verborgen bleiben. Entfernung spielte fast keine Rolle. Auf einen Kilometer Entfernung sah ich die kleinste Regung. Sobald es etwas Lebendiges zu sehen gab – ich erspähte es, und wenn es dicht am Horizont oder tief unter mir war. Fast hätte ich geschrieben, in Schwindel erregender Tiefe unter mir, aber das wäre falsch. Adler sind schwindelfrei.

Ich erlebte auch die starken, borkigen Äste, auf denen ich saß, und die kiesigen Ufer der Seen und Flüsse viel intensiver als die Plätze, auf denen ich heute sitze, und die Straßen, auf denen ich heute gehe. Denn jeder Ast und jeder Uferstreifen waren anders, man musste sich mit ihnen auseinandersetzen – wo konnte man laufen und umherklettern? – Und es gab so viel zu entdecken, einen höher gelegenen Ast oder Felsen, auf den man flattern konnte, einen neuen Rundumblick über das Gelände … Meine heutige Welt ist viel gleichförmiger.

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