Читать книгу Corona im Kontext: Zur Literaturgeschichte der Pandemie онлайн
11 страница из 34
Pandemie als Palimpsest: Zur Intertextualität der Corona-Literatur
Zwischen Klassik, SF, Kino und Computerspiel entfaltet sich die moderne Epi-/Pandemieliteratur bereits vor Corona in einem dichten intertextuellen Spannungsfeld. Camus lässt seinen Erzähler eine lange Kulturgeschichte der Seuche rekapitulieren, darunter die „peste de Constantinople“ (2020: 51), die Prokopios von Caesarea dokumentiert; sein eigener Roman wird zur Quelle einer veritablen Contagion des imaginaires (Palud 2014). Mit gesteigerter Gewalt fegt der gefürchtete Wind von Oran (Camus 2020: 195f.) durch Fabien Clouettes Novelle Une épidémie (2013), fantomatisches Text-„labyrinthe“ (2017: 80); wie bei Camus gilt: „L’épidémie n’est pas finie […]“ (ibid.: 63) – hier knüpft die Corona-Literatur an. Erik Eising führt den aus Lutz Seilers Kruso (2014) entkommenen „Herr[n] Bendler“ mit „Herr[n] Doktor Rieux“ zusammen, der von einem „ähnlichen Fall in Oran“ zu berichten weiß, „schlimmer eigentlich“, da „die Pest und das Coronavirus“ dann doch „zwei völlig verschiedene Dinge“ sind (2021: 35–37). In illustrer Runde wird die Verortung der Pandemie diskutiert, bevor dem immer stärker hustenden Rieux Covid zum Verhängnis wird (71–73). Und dennoch erlebt Camus’ Held eine multiple Corona-Auferstehung – ebenso sein Schöpfer selbst.