Читать книгу Opa, erzähl mir!. Aus dem Dialog zweier Generationen онлайн

34 страница из 36

*

„Erlebt habe ich auf dem Obernock viel. Hier bin ich zu einem Mann gereift und habe vieles gelernt. Es fühlte sich wie eine Heimat an. Vor allem Rosas Mutter, die ebenfalls Rosa hieß, hatte mich gern. Sie war die Entscheidungsträgerin auf dem Hof, weil ihr Gatte schon früh verstorben war. Sämtliche Geschäfte wurden von ihr geleitet und organisiert. Ja, sie mochte mich sehr.“

Es scheint mir, als habe Opa in dieser Zeit Orientierung gefunden. Dazu trug wohl Rosas Interesse an ihm bei, aber auch die Aufmerksamkeit, die ihm von den weiteren Familienmitgliedern entgegengebracht wurde. Vielleicht stellt der Obernock den ersten Ort dar, an dem er sich nicht allein fühlen musste, an dem er keine Angst zu haben brauchte, weil er mittlerweile alt und erfahren genug war, um sich notfalls zur Wehr zu setzen. Bei Beschreibungen vom Obernock hatte ich stets das Gefühl, dass er sich zum ersten Mal seit dem Verlassen des Mösl wahrlich zu Hause fühlte. Die Aufenthalte an all den anderen Orten beschrieb er meist bloß mit den Adjektiven „gut“ oder „schlecht“, um dann eine unterhaltsame Anekdote folgen zu lassen und sich im Erzählen eines anderen wichtigen Lebensereignisses zu verlieren. Beim Obernock hingegen wechselte er nie das Thema, sondern sprach immer wieder gern darüber und gab jedem zu verstehen, wie viel ihm der Ort samt seinen Bewohnern bedeutete. Als Sprungbrett für sein späteres Leben. Als Schule für seinen Geist voll des Tatendrangs. Als Heimat für seine verlassene Seele.

Правообладателям