Читать книгу Katholisch und Queer. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln онлайн
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Im Priesterseminar dann angekommen wurde ich gleich am ersten Tag angemacht. Ich wehrte ab, schützte mich und meinen Glauben. So viele Männer – im Nachhinein betrachtet zu viele homosexuell und zu wenige heterosexuell empfindend –, so viele Männer auf einem Haufen, das kann nicht funktionieren. Die nächste Verliebtheit. Man leidet. Wem kann man sich anvertrauen?
Durch das Wagnis des Anvertrauens entstand eine Freundschaft, die trägt und bis heute Bestand hat, gerade auch, weil in diesem geschützten Raum dieses Thema ohne Angst besprochen werden konnte. Ich blieb standhaft, zölibatär.
Im Nachhinein denke ich mir häufig, dass ich wohl auch einer von denen war, die ein Stück weit weggelaufen sind vor sich selbst und der Wahrheit. „Herr, mach deine Kirche zu einem Ort der Wahrheit und der Freiheit“ heißt es in einem modernen Hochgebet. Das war sie leider nicht – nicht so wie es eigentlich seelisch-gesund sein sollte.
In meinem Auslandsstudium geschah es dann: wieder ein Verliebtsein, dieses Mal aber wurde es erwidert. Was nun? Was tue ich? Was tun wir? Der andere steht vor denselben Fragen wie ich. Zwei Männer in ähnlicher Lage und verbotener Liebe. Das „erste Mal“ geschieht. Der Dominostein war gefallen – ein Point of no Return, wie ich bald feststellte. Denn: Der Drang nach Körperlichkeit ließ sich nun nicht mehr wegwischen.