Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Seine ganz besondere Liebe gehörte den Einfältigen und den Schwachen. Eine der hübschesten Anekdoten der Legende ist die Geschichte von Johannes SimplexJohannes Simplex, dem Bauernsohn, der ihm vom Pfluge weg folgen will, und auf die Forderung, er solle sein Hab und Gut den Armen schenken, sogleich einen Ochsen ausspannt: so viel gehöre ihm vom väterlichen Erbe, den könne er geben; dann aber kommen die Eltern und kleinen Geschwister weinend angelaufen und jammern über den Bruder und den Ochsen, die sie beide so schnell verlieren sollen. Der Heilige aber steht lächelnd inmitten der bewegten Szene, und die Worte, mit denen er den Ochsen zurückgibt, den Bruder aber mit sich führt, mag man selbst in der Fassung des Speculum perfectionis36 nachlesen. Zarte und feingebildete Menschen behandelte er mit einer Art von Rücksicht, die den Betroffenen sicher vollkommen frei und glücklich machte. Man denke etwa an die Stelle der Actus, in denen sein Gespräch mit dem vornehmen Jüngling – dem späteren Bruder Angelo – erzählt wird,37 oder an die Worte, mit denen er die hilfeflehende junge Frau aufnimmt,38 die freilich viel zu zart sind, um hier wiedergegeben zu werden. Wenn man die Stelle nachlesen will, so möge man darauf achten, daß nicht sie es wagte, ihn anzusprechen, sondern daß er die Ermüdete und Atemlose sogleich unter vielen Menschen bemerkt: Quid tibi, domina, placet? Und dann lese man weiter.

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