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Auch noch eine andere Folge des Christentums griff wenigstens mittelbar in die germanische Geistesentwickelung ein. Die Deutschen hatten nämlich das Christentum von den Römern und mit ihm die lateinische Sprache empfangen, die überdies, da sie bereits eine Weltsprache, auch zur Verbreitung der neuen Weltreligion am geeignetsten war. Die Sprachen der andern sogenannten romanischen Völker waren schon früher allmählich der übermächtigen römischen gewichen, oder sie hatten sich vielmehr, jede in ihrer Art, lateinisch regeneriert. Die deutsche Sprache aber war noch zu kerngesund, um nicht, mit Ausscheidung des fremden Elements, ihre Selbständigkeit und Eigentümlichkeit zu behaupten. Und so erhielten wir schon damals eigentlich zweierlei Sprachen, eine gelehrte und eine Volkssprache, ein Dualismus, den unsere Literatur noch bis jetzt nicht ganz beseitigt hat.

Unter den eingewanderten Völkern ragten ohne Zweifel die Goten an hohem Sinn und Bildung über alle anderen hervor. Weit entfernt daher, die alte Kultur zu zerstören, wie Attila mit seinen Hunnen tat, suchten sie vielmehr alles Große und noch Lebensfähige, das sie vorfanden, auf ihre Weise sich anzueignen. So wissen wir durch gleichzeitige Schriftsteller, daß der Gotenkönig Adolf seinen Ruhm darin suchte, die Herrlichkeit der Römer durch die Kraft der Goten wiederherzustellen und noch zu vergrößern, und daß es schon damals Römer gab, die lieber unter den Deutschen in Freiheit, ob wohl dürftig leben mochten als wie ehemals in steter Angst vor den Erpressungen der alten Regierung. Ihr großer König Theodorich sorgte gleichmäßig für die Erhaltung der römischen wie der gotischen Sprache und Bildung, beide, eine durch die andre wechselseitig ergänzend und neubelebend; und an seinem Hofe wurden die ersten christlichen Heldenlieder gesungen.

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