Читать книгу Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands онлайн

33 страница из 96

Sie sind zwar sämtlich verloren, so wie die Lieder, welche später Karl der Große sammeln ließ, aber dennoch können wir auf diesen Spuren den Strom der deutschen Poesie aus dem alten Sagenwalde bis tief in das Mittelalter hinein verfolgen. Denn jene Gotenlieder, die von lateinischen Schriftstellern als Volksgeschichte in Prosa aufgelöst worden, feierten vorzüglich den Ruhm und die Taten des Heldengeschlechts der Amelungen, später auch Attila, Odoaker und Theodorich selbst in ihren Kreis mit aufnehmend; sie wurzelten also noch in den Nationalerinnerungen der ältesten Vorzeit. Eben diese Lieder aber waren es, wie wir anzunehmen berechtigt sind, welche die erwähnte Sammlung Karls des Großen bildeten, aus welcher dann wiederum vieles und vielleicht das Bedeutendste im Nibelungenliede und Heldenbuche nachgeklungen hat. Und so geben denn auch wirklich die Nibelungen, selbst in ihrer jetzigen kunstmäßigen Gestalt, noch ein lebensvolles Bild jenes allmählichen Überganges vom Heidnischen zum Christlichen. Hier sehen wir noch die starren Zacken des alten Urgebirges drohend hereinragen, aber schon wunderbar beglänzt von dem Morgenrot des Christentums, bei dessen Widerscheinen gleichwohl in den nur erst ungewiß beleuchteten Abgründen noch die alten Ungeheuer und Drachen sich widerwillig ringeln, unzähmbare Kraft, Rache, und alle die entsetzliche Naturgewalt menschlicher Leidenschaften, bis zuletzt die furchtbare alte Heldenwelt, wie im Zorne, vor dem milderen neuen Lichte tragisch zusammenbricht.

Правообладателям