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Die schon in grauer Vorzeit schlummernden Keime jenes romantischen Geistes aber sind vorzüglich durch die Kreuzzüge geweckt und lebendig geworden; ja, diese zweite Völkerwanderung, nicht nach den Goldgruben Kaliforniens, sondern zur Eroberung des Himmelreichs, diese ungeheuere Geistesbewegung, die wie Flut und Ebbe von unsichtbaren Himmelskräften allein regiert wird, ist schon an sich ein durchaus romantisches Weltereignis. Das ganze irdische Leben scheint plötzlich höher gerückt, andere Heldengestalten, die nur dem König aller Könige dienen mögen, schreiten mit Schwert und Fahne voran, und eine neue Welt, von der die Abendländer schon längst sehnsüchtig geträumt, steigt mit ihren Palmen, Elfen, Sagen und Geschichten märchenhaft auf. Es ist das idealisierte Abenteuer, das kühn an den Himmel geknüpfte Heldentum, der belebende Frühlingssturm des jungen Christentums, kurz: eine Zeit, die wir heutzutage als unbegreifliche Dummheit und Phantasterei in die beliebte Rumpelkammer des dickfinsteren Mittelalters werfen und deren Helden wir unbedenklich ins Irren- oder Arbeitshaus zu heilsamer Kur und Besserung verweisen würden. Wir haben gewiß von unserem Standpunkt ebenso recht als jene Zeit von dem ihrigen, es handelt sich dabei eben nur darum, welches der wahrere und höhere Standpunkt sei.

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