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Die Kreuzzüge sind es denn auch, die auf die Dichtungen des Karolingischen Sagenkreises wesentlich influiert haben. Das Charakteristische derselben ist der Kampf für das Christentum, und dieser Kampf, obgleich im fernen Westen gegen Mauren geführt, hat durchaus die Physiognomie und Färbung der Kreuzzüge. Alles hat hier bereits ein allegorisch geistliches Gewand angelegt: Karl der Große, als der Mittelpunkt des christlichen Völkervereins, fast regungslos in majestätischer Götterruhe über dem Ganzen waltend, und um den Allgewaltigen seine zwölf Paladine gleich den zwölf Aposteln gruppiert; ja selbst Judas, wie wir sogleich sehen werden, fehlt nicht.

Am schärfsten ist diese veränderte Anschauungsweise in dem herrlichen, aber fast einzigen würdigen Repräsentanten dieses Fabelkreises, in dem Rolandsliede, ausgeprägt. Und an diesem Gedicht erkennen wir zugleich am besten, wie das an sich Unscheinbare und Unbedeutende einzig und allein durch die erhöhete Auffassung und Gesinnung gehoben wurde. Der Gegenstand ist eine historisch beglaubigte Niederlage, die Karls Heer durch einen Überfall der Ungläubigen im Jahre 778 in den Pyrenäen erlitten und wobei ein Held Hruodlandus geblieben sein soll. Aber durch welche übermächtigen Schlaglichter, die alles wunderbar beleuchten, wird dieser einfache Vorgang hier in ein wahrhaft tragisches Weltereignis verwandelt! Karl der Große ist mit seinen zwölf Heldenfürsten gegen die Heiden in Spanien gezogen. Da beschließt in dem hartbedrängten Saragossa der Heidenkönig Marsilie, sich scheinbar der Taufe zu unterwerfen, um den Kaiser zum Abzug zu bestimmen und die harmlos Abziehenden dann zu vernichten, und zu diesem Zwecke wird eine Gesandtschaft zu Karl nach Corderes abgeordnet. Prächtig ist die Schilderung des rüstigen Heldenlebens in Karls Heereslager sowie des Kaisers selbst. »Seine Augen leuchten wie der Morgenstern, so daß man ihn von ferne kannte und niemand fragen durfte, wer der Kaiser sei; niemand war ihm gleich, mit vollen Augen konnten die Gesandten ihn nicht anschauen, der leuchtende Glanz seines Antlitzes blendete sie wie die Sonne um Mittag; den Feinden war er schrecklich, den Armen heimlich, im Volkskrieg siegselig, dem Verbrecher gnädig, Gott ergeben, ein rechter Richter, der die Rechte alle kannte und sie allem Volk lehrte, wie er sie von den Engeln gelernt hatte; und mit dem Schwerte endlich war er Gottes Knecht.«

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