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Es ist indes überall dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Der Tiefsinn und die kräftige Darstellung Wolframs sind immer nur die Gabe seltener Geister und können nicht leicht zu allgemeinem Verständnis der Menge gelangen, welche das Behagen bloßer Unterhaltung, einen mäßigen Spaziergang durch ihre Küchengärten den unbequemen Höhen und großen Aussichten vorzuziehen pflegt. Und so sehen wir denn auch innerhalb dieses Sagenkreises dem Parzival eine ganze Reihe größtenteils unbedeutender Dichtungen gegenüberliegen. Wir übergehen hier die bloßen Nachahmer, den Albrecht von Scharfenberg, welcher das Wolframsche Bruchstück von Titurel zu einer langweiligen Geschichte der Tempelritterschaft des Grals in die Breite geschlagen, sowie den unbekannten Dichter des Lohengrin, wo, bei mancher Schönheit im einzelnen, Parzivals Sohn Lohengrin mit gleicher Langweiligkeit bedacht ist und nicht die geringste Familienähnlichkeit mit seinem Vater bewährt. Beide Gedichte jedoch, der sogenannte jüngere Titurel und Lohengrin, galten lange für Wolframs Werke, dessen Namen sie frech usurpiert hatten, zum Beweise, wie berühmt und dennoch unerkannt in seinem eigentlichen Geiste Wolfram gewesen. – Aber selbst bei anderen, welche die Sage selbständiger behandeln, zeigt sich der große Abstand. Der bedeutendste unter ihnen ist ohne Zweifel Hartmann von der Aue. Aber in seinen beiden Gedichten, in Erek und Enite sowie in Iwein, hat er von der Gralssage nur den weltlichen Teil derselben, Königs Artus' Hofhaltung, die Wolfram als bloßen Gegensatz aufgegriffen, herauszufinden vermocht. Anstatt Wolframs einsamen Berggipfeln, seinen großen Intentionen und Weltsymbolen haben wir hier nur die sprachgewandte Liebenswürdigkeit eines frommen, friedlich gestimmten Gemüts, anstatt der himmelstürmenden Kühnheit des Rittertums nur dessen passive Tugenden: Mäßigung, Milde, Zucht und feine gesellschaftliche Sitte, die wir loben müssen, ohne davon ergriffen zu werden.

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