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Das Wesentliche der geistlichen Erzählungen, die wir oben als die dritte legendarische Gruppe unterschieden, ist, wie bereits erwähnt, die versuchte Vermittelung oder wohl auch willkürliche Vermischung des Weltlichen mit dem Göttlichen, indem sie entweder Novelle und Profanhistorie unmittelbar an das Kirchliche anknüpfen oder ihre Geschichten, auch ohne solchen kirchlichen Boden, nur durch großartige Züge christlicher Tugenden beseelen. So ist z.B. in dem aus dem 13. Jahrhunderte herrührenden Gedichte »Heraklius« eine ziemlich zweideutige Liebesgeschichte, welche übrigens die Grundlage unserer heutigen Theater-Griseldis bildet, mit dem Feste der Kreuzeserhöhung lediglich dadurch in Verbindung gesetzt, daß Heraklius zu letzt Kaiser wird und als solcher von den Persern das von ihnen geraubte heilige Kreuz wieder erobert. – Das vortreffliche sogenannte »Annolied« (um 1170) enthält, neben dem Lebenslaufe des Erzbischofs Anno von Köln, zugleich auch eine bedeutend konfuse Profangeschichte, insbesondere des Julius Cäsar, der mit seinen »guten Helden aus dem deutschen Lande« den Pompejus in die Flucht jagt. – Hiermit nahe verwandt sind die beiden beinah gleichzeitigen großen Reimchroniken: die sogenannte »Kaiserchronik« und die etwas spätere »Weltchronik« des Rudolf von Ems. Die erstere verbindet, im guten alten Stil, die Legende fast aller Heiligen ebenfalls mit einer verworrenen Profanhistorie, während in der Weltchronik die Geschichte des Alten Testaments bis auf Salomo, zugleich aber die Geschichte der heidnischen Völker sehr anmutig erzählt wird, so daß also hier das Göttliche und Weltliche schon immer weiter auseinanderfällt oder doch, fast unvermittelt, nebeneinander her läuft.

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