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Was insbesondere jene Reimchroniken wohlmeinend, aber ungeschickt und unkünstlerisch und daher vergeblich erstrebten, eine Vermittelung des Kirchlichen mit dem Weltlichen, ist in den alten Gedichten, welche speziell antike Geschichten und Sagen zum Gegenstande haben, wirklich erreicht worden. Es sind vorzüglich dreierlei Stoffe, die sie behandeln: die wunderbaren Taten und Heereszüge Alexanders des Großen, die Geschichte des Aeneas und der Trojanische Krieg. Alle diese Gedichte haben das miteinander gemein, daß sie nicht aus den klassischen Originalen, Homer oder Virgil, sondern aus mannigfach abgeleiteten Quellen und Volkssagen schöpfen, und daß alle ihre griechischen und römischen Helden in Kostüm, Physiognomie und Reden durchaus deutsch sind. Aber ganz abgesehen von diesen Äußerlichkeiten, welch ein innrer Abstand dieser Gedichte von unserer modernen Auffassung des Altertums! Während in unseren heutigen Nachbildungen das Christentum, gleichsam verlegen, geblendet und beschämt in der heidnischen Schönheit bis zur Abgötterei aufzugehen pflegt, schreitet dort der Glaube noch geharnischt und unangefochten mitten durch die schöne Fremde, die verlockenden Fernen als eine neue Provinz sich erobernd. Die alten Helden und Halbgötter müssen sich der Feuertaufe unterwerfen, und das Charakteristische jener Gedichte ist eben die Christianisierung des Antiken, eine freie Übersetzung ins Christliche.

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