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Man sieht wohl, Hartmanns Rittermoral war leichter nachzumachen als der Parzival, König Artus' Tafelrunde allgemein faßlicher als die Gralsburg. Und so wurden denn auch in der Tat nach Wolframs Zeiten fast alle Helden dieser Tafelrunde poetisch, oder vielmehr unpoetisch genug, einzeln verarbeitet, teils als Nachahmung Hartmanns, wie der Wigalois des Wirnt von Grafenberg, teils bloß roh und stoffartig allen Abenteuerwust der alten britischen Erzählungen zusammenfegend, wie im Lanzelot vom See von Ulrich von Zatzikhofen, im Wigamur und Gauriel von Muntabel.

Wo irgend der religiöse Glaube wahrhaft lebendig das Innerste eines Volkes durchdrungen, wird er sich nicht mit der kirchlichen Devotion begnügen, sondern, wie die Seele den Leib, zugleich die ganze Physiognomie der Lebenseinrichtungen bestimmen und vor allem seine Liebe, Sehnsucht, Furcht und Hoffnungen auch in der Poesie, die ja überall der Spiegel des nationalen Seelenlebens ist, künstlerisch darzustellen streben. Wir sahen im Parzival das Rittertum mitten aus dem wilden Gestein der vorchristlichen Sage, durch die es seine Wurzeln getrieben, plötzlich wie eine Eiche emporpfeilern und mit Ästen und Zweigen geheimnisvoll rauschend in den Himmel greifen. Es ist der ernste Geist der neuen Zeit, den Wolfram, wie kein anderer vor und nach ihm, erkannt und hieroglyphisch anzudeuten gewagt hat. Das alte, rauhe, noch halbheidnische Heldentum der übermütigen Kraft, der Habgier, des Hasses und der Rache verwandelt sich in einen Heroismus der Selbstbezwingung, Entsagung und himmlischen Minne. Derselbe Geist, der sich in dem Klosterleben zeigt, welchem grade die kräftigsten Gemüter zu strenger Buße oder in lebendiger Erkenntnis der Armseligkeit des Irdischen sich zuwandten, der die geistlichen Ritterorden geschaffen und in dem idealen Kampfe der Kreuzzüge ganze Nationen gleichsam zu einem großen Ritterorden vereinte, erscheint nun auch in der Poesie als Legende.

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