Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн

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Eine Gesellschaft, in der niemand mehr Zeit hat, deren falsches »Ideal« in höchster körperlicher und geistiger Fitness und im Ertrag und der Wirtschaftsleistung jedes Einzelnen besteht, isoliert und verdrängt die Alten. Wird in besagter Gesellschaft der assistierte Suizid gesetzlich erlaubt, so wächst in der letzten Lebensphase, in der wir der Hilfe anderer bedürfen, auch der soziale Druck, sich das Leben zu nehmen.

Alte Menschen halten es für eine selbstbestimmte Handlung, sich selbst zu töten, und sagen oft, sie wollen den anderen nicht zur Last fallen. Doch leider werden auch ihre Helfer in eine negativ belastete Tat involviert, wenn sie den Menschen auf seinen Wunsch hin töten. Es ist nicht angebracht, dies einen »guten Tod« oder einen »Freitod« zu nennen; denn diese Handlung ist ein Ausdruck von Verdrängung, Not oder Verzweiflung, und sie geht von der falschen Annahme aus, dass mit dem Tod des Körpers auch alles Leiden endet.

Wenn es im Christentum und im Buddhismus Gebote gibt, die den Selbstmord untersagen, dann nicht aus mangelndem Mitgefühl für den leidenden Menschen, der keinen anderen Ausweg mehr sieht, sondern aus dem sicheren Wissen heraus, dass dieser seinem Leiden durch das Töten des Körpers nicht entfliehen kann und stattdessen dadurch nur neue Ursachen des Leidens für sich schafft.

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