Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Dieses leicht halluzinogene Erlebnis erwies sich als gute Einstimmung auf die vor mir liegenden Stunden und die Tage danach. Noch während sie sich abspielten, schienen Ereignisse und Begegnungen nun oft von surrealer Implausibilität getönt zu sein, und dass sie tatsächlich passiert sind, kann ich im Nachhinein nur anhand handfester fotografischer Beweise belegen. Gießen Sie noch eine Kelle auf die Steine, schenken Sie sich einen Dirty Rudolf ein und machen Sie es sich bequem, während ich durch dieses fesselnde Album blättere.

DSC02967. Kosakenmütze hat mich an meiner Hütte eingesammelt und an einem einsamen Bauernhaus abgesetzt. Ich bin in dessen Innerem zu sehen, wo die ihrerseits auf der Aufnahme nicht zu sehenden Bewohner – eine Mutter und ihr erwachsener Sohn – soeben ihrem Überraschungsgast dabei zugeschaut haben, wie er fünf Schüsseln Lachssuppe verschlingt. Das Fenster hinter mir ist bis auf halbe Höhe eingeschneit. An der Wand hängt ein Foto des Großvaters väterlicherseits als junger Winterkriegs-Reservist. Über dem gemauerten Kamin links von mir drängelt sich eine Reihe denkwürdiger Fotobomber ins Bild: zwei ausgestopfte Vögel, ein ziemlich schwermütiger Vielfraß und ein sehr spitzschnauziger Schädel, an dessen Kiefer ein Post-it klebt, auf dem steht: Wolf. Die Mutter hat mir eben erklärt, vornehmlich mittels grandioser Pantomime, dass ihr Gatte das Tier geschossen und sie es gehäutet habe: Ebenso wie der Vielfraß war der Wolf erwischt worden, wie er mit seinen Reißzähnen die geweihtragenden Vermögenswerte der Familie in Mitleidenschaft zog. Wenig später würde ich gezwungen sein, mir vor dem außerhalb des Bildes befindlichen Fernseher die englische Fassung einer Lehr-DVD anzuschauen, die folgendermaßen beginnt: »Das Rentier ist eine Hirschart mit langen Beinen und vier Hufen.« Anschließend würde ich hinausgehen, um mit dem Sohn, der einen Wams trägt, den seine Mutter aus dem Pelz des Wolfs gearbeitet hat, ein paar dieser glöckchenbehängten, geweihtragenden Biester zu füttern. Dabei würde ich immer noch die kuriose Aufmachung tragen, in die ich in dieser Szene gehüllt bin: eine Lapplandmütze aus rotem Filz und das geräumige Fell eines blassen Rentiers.

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