Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Die Sauna ist eine Erfindung, die sich aus Finnlands ergiebigsten natürlichen Ressourcen speist: Holz, Wasser und Vokale. Es eine beliebte nationale Tradition zu nennen, wäre in etwa so, als würde man das Atmen als ein Hobby bezeichnen. Es gibt mehr Saunas als Autos in Finnland, stolze drei Millionen, bei einer Gesamtbevölkerung, die nicht ganz dem Doppelten dessen entspricht. Sich in einen aberwitzig heißen Schrank zu hocken, steht ganz oben in der Hierarchie finnischer Bedürfnisse – den Schlafarrangements in den Ferienhäusern nach zu urteilen, in denen ich in der Regel unterkam, noch vor sexueller Fortpflanzung. Typischerweise standen in jedem Schlafzimmer vier einzelne Betten und in einer dieser Unterkünfte, einem zweistöckigen Haus, das zehn Gästen Platz bot, war die einzige Tür im Inneren diejenige, die verhinderte, dass die Hitze aus der Sauna entwich.

Dem verschwitzten Anschein nach scheint Finnlands fortwährende Sauna-Obsession auf das beschämende Versagen zu verweisen, ihren nordeuropäischen Nachbarn auf Goldlöckchens Lernkurve zu folgen: draußen im Schnee – zu kalt; drinnen in einem kiefervertäfelten Krematorium – zu heiß; auf dem Sofa ausgestreckt im muckelig geheizten Wohnzimmer – genau richtig. Aber in fast schon bewundernswerter Weise versuchen sie gar nicht erst, ihren Hang zur brühwarmen Klaustrophobie zu rechtfertigen oder zu artikulieren. Für einen Finnen gibt es einfach kein Problem, dass man nicht mit einer weiteren Sauna lösen könnte, vor allem wenn das Problem lautet, was man neben der Sauna erbauen könnte. Als der weinschlürfende, wollpullovertragende Schneemobilfahrer mir erzählte, dass sein neues Sommerhäuschen nicht weniger als drei Saunen umfasste, und ich ihn fragte warum, schaute er mich nur gekränkt an: Is’ halt so.

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