Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Außer an vielleicht ein oder zwei Tagen heizte ich in Finnland jeden Tag die Sauna an, doch es dauerte eine Weile, bis ich sie wirklich zu schätzen lernte und in ihr mehr sah als nur eine praktische Taukammer für Kleidung, Füße und Toilettenartikel. Nach ungefähr einer Woche begann ich, die Sauna als eine Art glühend heiße Chill-out-Zone zu genießen: ein hölzerner Schoß, um die Ereignisse des Tages zu verarbeiten, und das mit mehr Behagen, als ihre eisigen Schrecken es verdienten. Aber die Sauna, in der mich Kosakenmütze nun alleine zurückließ, schoss den Vogel ab, eine Überdosis so zermürbend vulkanesker Celsiusgrade, dass mein Haar binnen einer Minute – autsch! – zu heiß zum Anfassen war. Reflexartig schöpfte ich eine Kelle Wasser aus dem Holzeimer und goss sie auf die Magma-Briketts. Unter den überhitzten Umständen war das an sich schon ein Zeichen mangelnder gedanklicher Klarheit, aber als mir der entzündete Dampf daraufhin zischend ins Gesicht explodierte, wäre ich fast vornüber in den Ofen gekippt. Statt sie in aller Ruhe Revue passieren zu lassen, schossen die Ereignisse des Tages mir nun ungebeten mit übler, unscharfer Hast durch den gebratenen Schädel, angefangen mit dem morgendlichen Frühstück aus Porridge und Hering. Da waren sie wieder: das alte Bauernhaus mit dem unter der Last des Schnees eingefallenen Dach, die Spur dinosauriergroßer Elchspuren in den Wald hinein, der alte Mann, der an einem Eisloch angelte und aufstand und ging, als er meine Kamera sah… Alles erschien unklar und unwirklich, wie der weichgezeichnete Schnelldurchlauf einer Episode aus dem früheren Leben eines anderen. Ich erhob mich zu schnell und wäre beinahe ohnmächtig geworden, taumelte dann benommen durch die Tür und entkam gerade noch rechtzeitig, bevor mir ein Rinnsal geschmolzener Erinnerungen aus der Nase zu sickern begann.

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